Eine Reihe von Veranstaltungen während des DGPPN Kongresses 2010 war den Opfern der Psychiatrie im Nationalsozialismus gewidmet: den jüdischen und „sozialistischen“ Psychiatern, die in die Emigration gezwungen wurden, sowie den psychisch und physisch kranken Menschen, die während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft unsägliches Leid ertragen mussten. Zentral war eine Gedenkveranstaltung am 26. November 2010.
Die DGPPN bittet die Opfer und deren Angehörige, um Verzeihung für das Leid und das Unrecht, das ihnen in der Zeit des Nationalsozialismus im Namen der deutschen Psychiatrie und von deutschen Psychiatern angetan wurde und für das viel zu lange Schweigen, Verharmlosen und Verdrängen der deutschen Psychiatrie in der Zeit danach.
Sigrid Falkensteins Familiengeschichte ist auf unheilvolle Weise mit der Geschichte der deutschen Psychiatrie im letzten Jahrhundert verbunden. Ihre Tante Änne wurde im sogenannten „Dritten Reich“ erst zwangssterilisiert und später ermordet. Wie in vielen betroffenen Familien wurden Zwangssterilisation und „Euthanasie“ auch in ihrer Familie verschwiegen und verdrängt.
In der Zeit des Nationalsozialismus wurden jüdische Psychiater in die Emigration getrieben. Der Neuropsychiater Dr. Kurt Blumenthal war einer von ihnen. Sein Sohn erzählt seine Geschichte.
Für lange Zeit galten allenfalls einige wenige fanatische Nazis unter den Psychiatern als mitverantwortlich für die Menschenrechtsverletzungen in der Zeit des Nationalsozialismus. Dieses Geschichtsbild kann so nicht aufrecht erhalten werden.
Rede Professor Volker Roelcke, Vorsitzender der „Kommission zur Aufarbeitung der Geschichte der DGPPN“
Während die Geschichte der Euthanasieopfer der Aktion T4 umfangreich erforscht wurde, ist die der Psychiatrie-Patienten, die der unethischen medizinischen Forschung zum Opfer fielen, vergleichsweise wenig dokumentiert.
Rede von Paul Weindling, Mitglied der „Historischen Kommission zur Aufarbeitung der Geschichte der DGPPN“
Professor Michael von Cranach war einer der ersten, die sich mit der Rolle der Psychiatrie im Nationalsozialismus auseinandergesetzt haben. In den 1980er Jahren hat er damit begonnen, die Geschichte des Bezirkskrankenhauses Kaufbeuren im „Dritten Reich“ aufzuarbeiten. Die Ergebnisse seiner Recherchen sind in seine Ausstellung „In Memoriam“ eingeflossen. Er möchte Angehörige ermutigen, sich auch heute noch nach dem Schicksal ihrer Verwandten zu erkundigen.
Rede von Professor Michael von Cranach
Bis heute sind Opfer von Zwangssterilisation und Patientenmord in der NS-Zeit nicht als Verfolgte des Nazi-Regimes anerkannt. Auch fehlt eine würdige nationale Gedenkstätte für diese Opfergruppen. Ruth Fricke, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Bundesverbands Psychiatrie-Erfahrener (BPE e.V.), bezieht Position.
Rede von Ruth Fricke
Der ehemalige DGPPN-Präsident Professor Frank Schneider bat die Opfer des Nationalsozialismus und deren Angehörige im Namen der Fachgesellschaft um Verzeihung
Dokumentenlesung zu Zwangssterilisation und Krankenmord im Nationalsozialismus. Im Bild: Peter Veit (München) und Simone Schatz (Irsee)
Schauspieler trugen die Lebensgeschichten von zwangssterilisierten und ermordeten Menschen vor
Sigrid Falkenstein sprach über das Schicksal ihrer Tante Änne
Professor Ephraim Bental aus Israel, Sohn eines emigrierten Psychiaters, übermittelte eine Video-Botschaft
Professor Ephraim Bental trat in die Fußstapfen seines Vaters und wurde Neuropsychiater
Mit einer Schweigeminute endete die Veranstaltung zu Ehren der Opfer der Psychiatrie im Nationalsozialismus
Professor Carola Sachse über die Vergangenheitspolitik nach 1945 in den biomedizinischen Wissenschaften am Beispiel der Max-Planck-Gesellschaft
Professor Hans-Walter Schmuhl über die Geschichte der Gesellschaft Deutscher Neurologen und Psychiater
Die Ausstellung „In Memoriam erinnert an die Leiden der Opfer der Psychiatrie im Nationalsozialismus
Die DGPPN setzt sich für eine Gedenk- und Informationsstätte an der Tiergartenstraße 4 in Berlin ein