Medienpreis für Wissenschaftsjournalismus

Mit dem Medienpreis für Wissenschaftsjournalismus zeichnet die DGPPN herausragende journalistische Arbeiten aus, die dazu beitragen, wissenschaftliche Themen in den Bereichen Psychiatrie, Psychotherapie und seelische Gesundheit allgemeinverständlich zu vermitteln. Gesucht wird nach originellen und einfallsreichen Darstellungen aktueller wissenschaftlicher Diskussionen. Der Preis wird für Formate in deutschsprachigen Print- oder Online-Medien, TV, Hörfunk oder Social Media vergeben. 

Die Auszeichnung ist mit insgesamt 15.000 Euro dotiert und wird jährlich auf dem DGPPN Kongress im November in Berlin verliehen.

Preisverleihung 2024

2024 hat die DGPPN den Medienpreis für Wissenschaftsjournalismus zu gleichen Teilen an Christopher Bonnen, Dr. Norbert Siegmund und Jochen Paulus vergeben.

Medienpreis für Wissenschaftsjournalismus 2024: Christopher Bonnen und Prof. Dr. Euphrosyne Gouzoulis-mayfrank © DGPPN | Claudia Burger

Christopher Bonnen erhält die Auszeichnung für seinen Beitrag mit dem Titel "Männersache - Wenn Männer Hilfe brauchen: Von neuen Wegen aus der Depression". Er greift darin einen wichtigen Aspekt auf – die Tatsache, dass Männer sich deutlich schwerer tun, psychiatrische oder psychotherapeutische Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Sie gehen mit seelischen Krisen anders um als Frauen, oft vergehen Jahre, bis sie sich eine Depression eingestehen. Sie nehmen sich drei Mal häufiger das Leben.  

Christopher Bonnen nähert sich dem Thema über eine Reportage in der „TK Männer“ einer Tagesklinik für psychisch erkrankte Männer. In seinem Text porträtiert er drei Patienten, die u. a. mit Depressionen, Angst, Sucht und Selbstverletzung kämpfen. Er zeichnet darin ehrliche und authentische Portraits über Männer, die lernen, zu ihren Gefühlen zu stehen – auch, wenn es schwierig ist. Beim Lesen erfahren die Leserinnen und Leser zudem viel über genderspezifische Krankheitsmechanismen und Coping-Strategien und darüber, wie Behandlungen in einer Tagesklinik ablaufen.  

Herr Bonnen ist 1992 geboren und arbeitet als freier Journalist in Hamburg, vor allem für die Tagesschau, zudem schreibt er für GEO, ZEIT, SZ und FAS. Die DGPPN haben ihn bereits vor zwei Jahren mit dem Medienpreis ausgezeichnet.

Medienpreis für Wissenschaftsjournalismus 2024: Dr. Norbert Siegmund und Prof. Dr. Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank © DGPPN | Claudia Burger

Dr. Norbert Siegmund wird für seinen eindringlichen Fernsehbeitrag für das ARD Magazin Kontraste "Psychiatrie hinter Gittern. Deutschlands Maßregelvollzug vor dem Kollaps" ausgezeichnet.

Wie eine Umfrage der DGPPN deutlich gemacht hat, ist ein Großteil der 78 deutschen Kliniken für Maßregelvollzug überbelegt und unterversorgt. In Berlin wurden wegen Überfüllung sogar erstmals gefährliche Straftäter abgewiesen. Ärzte und Pflegepersonal nennen die Zustände dort menschenunwürdig und warnen vor wachsenden Gefahren sowohl für das Klinikpersonal als auch für die Menschen draußen.  

Dr. Siegmund hat es geschafft eine Erlaubnis zu bekommen, in der Klinik zu drehen. Er berichtet umfassend, ehrlich und eindrücklich über die Situation dort. Er erzählt Patientengeschichten, ohne den Betroffenen die Würde zu nehmen. Er zeigt den Alltag in der Klinik auf, verdeutlicht dabei Überbelegung, Raumprobleme und den Mangel an Behandlung. Er zeigt dabei auch auf, wie die Schwierigkeiten im Maßregevollzug mit Problemen in der Akutpsychiatrie zusammenhängen und blendet auch Schwierigkeiten durch mangelnde Anschlussbetreuung nicht aus. Der Beitrag schafft es, die Situation zu kritisieren, ohne die Patienten oder die Forensik an sich zu vorzuführen.  

Dr. Sigmund arbeitet seit 1988 als Autor, Reporter und Redakteur für den SFB/RBB und andere ARD-Anstalten. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich Justiz, Innen- und Rechtspolitik, Extremismus, Geheimdienste. Vor 10 Jahren erhielt er den DGPPN Medienpreis für einen Beitrag über Todesfälle von psychisch Kranken durch polizeilichen Schusswaffengebrauch sowie Missstände in der deutschen Polizeiausbildung

Medienpreis für Wissenschaftsjournalismus 2024: Jochen Paulus und Prof. Dr. Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank © DGPPN | Claudia Burger

Jochen Paulus wird für seinen Hörfunkbeitrag "Erinnerung an sexuellen Missbrauch - echt oder eingeredet?" gewürdigt, der in SWR 2 Wissen ausgestrahlt wurde. 

Er erhält den Preis 2024 für einen Beitrag aus dem diffizilen Themenfeld der Psychotraumatologie und greift die Kontroverse rund um verdrängte Traumata bzw. induzierte Erinnerungen auf. Anhand der Geschichte einer Frau, der auf einer Heilpraktikerschule suggeriert wurde, dass sie als Kind missbraucht worden wäre, arbeitet er den aktuellen Wissensstand zum Thema auf, ohne dabei jemals das Leid von von sexualisierter Gewalt Betroffenen zu minimieren.  Wir hören von Rechtspsychologinnen, Traumatherapeuten und Gedächtnis-psychologen; er hat dazu auch auf dem DGPPN-Kongress mit Experten gesprochen. Im Beitrag wird deutlich, dass Opfern von sexualisierter Gewalt nur effektiv geholfen werden kann, wenn die Qualität von Diagnostik und Therapie gesichert ist.

Jochen Paulus wurde 1958 geboren. Er hat in Tübingen und der University of Oregon Psychologie studiert und sich anschließend dem Journalismus zugewandt. Er ist seit Mitte der 1990er Jahre er als freier Autor tätig. Seine Texte erscheinen beispielsweise in der Zeit, Bild der Wissenschaft, Geo Wissen, Psychologie heute oder Gehirn und Geist. Zudem produziert er Radiobeiträge, die von vielen ARD-Sendern ausgestrahlt werden. Jochen Paulus hat den Preis für Wissenschaftsjournalismus schon mal erhalten – im Jahr 2014.

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alle Bilder: © DGPPN | Claudia Burger

Christopher Bonnen
Bild 1 (v.l. Christopher Bonnen, Prof. Dr. Europhrosyne Gouzoulis-Mayfrank)
Bild 2 (Christopher Bonnen)

Dr. Norbert Siegmund
Bild 1 (Dr. Norbert Siegmund, Prof. Dr. Europhrosyne Gouzoulis-Mayfrank)
Bild 2 (Dr. Norbert Siegmund)

Jochen Paulus
Bild 1 (Jochen Paulus, Prof. Dr. Europhrosyne Gouzoulis-Mayfrank)
Bild 2 (Jochen Paulus)

Über den Preis

Der Medienpreis für Wissenschaftsjournalismus prämiert Arbeiten, die zur Popularisierung wissenschaftlicher Sachverhalte aus den Bereichen Psychiatrie, Psychotherapie und seelische Gesundheit beitragen und diese allgemeinverständlich vermitteln. Entscheidend sind die originäre und originelle journalistische Bearbeitung aktueller wissenschaftlicher Diskurse und Themen sowie der Nutzwert für die Rezipierenden. Die Auszeichnung wird für herausragende wissenschaftsjournalistische Arbeiten vergeben, die in Print- oder Online-Medien, TV, Hörfunk oder Social Media veröffentlicht wurden. Der Preis kann geteilt werden. 

Die Jury

Über die Vergabe des Preises entscheidet eine interdisziplinär besetzte Jury unter Vorsitz von Prof. Dr. E. Gouzoulis-Mayfrank (President Elect, Köln): Dr. J. Engelmann (Mainz), R. Erdenberger (WDR, Köln), A. Hinrichs (Eppendorfer, Hamburg), K. John (Berlin), J. Niehaus (Focus, München), Prof. Dr. A. Meyer-Lindenberg (Präsident, Mannheim), Prof. Dr. A. Reif (Frankfurt am Main), A. Rothenburg (Psychiatrie-Filme, Negernbötel), C. Weber (Süddeutsche Zeitung, München).

Preisträgerinnen und Preisträger

2023

Medienpreis für Wissenschaftsjournalismus 2023: Martina Keller © DGPPN | MH

Martina Keller erhält die Auszeichnung für ihren Beitrag mit dem Titel „Zero Suicide. Wie viele Selbsttötungen können wir verhindern?“, der am 19. März 2023 im Deutschlandfunk ausgestrahlt wurde. Die Journalistin setzt sich in diesem Beitrag intensiv mit einem wichtigen gesellschaftlichen Thema auseinander, klärt Missverständnisse und Mythen über Suizide auf und stellt aktuelle Ansätze zur Suizidprävention vor. Die Autorin verdeutlicht, dass Menschen, die Suizidgedanken äußern, nicht zwangsläufig den Tod suchen, sondern oft eine belastende Lebenssituation nicht mehr ertragen können. Für ihre vertiefenden Recherchen hat die Autorin ein Schulprogramm und eine Spezialambulanz für Psychotherapie im Alter besucht und sich mit einem niedrigschwelligen Beratungsangebot für Männer im Internet befasst. Die zentrale Botschaft ihres Beitrags ist, dass vielen Betroffenen geholfen werden könnte. Dafür sind jedoch leicht zugängliche, flächendeckende Angebote notwendig, einschließlich einer nationalen Suizid-Hotline. Die Jury würdigt den Beitrag als bedeutende Bereicherung zur aktuellen Diskussion.

Medienpreis für Wissenschaftsjournalismus 2023: Jan Rübel und Sascha Montag © DGPPN | MH

Jan Rübel und Sascha Montag werden für ihre Reportage „Kinder der Flucht“ ausgezeichnet, die am 26. Februar 2023 in der Welt am Sonntag erschienen ist. In dem einfühlsamen Beitrag begleiten der Autor Rübel und der Fotograf Montag über drei Jahre hinweg die Lebenswege und Geschichten von Familien, die gezwungen waren, aus ihrer Heimat zu flüchten – und zeigen, wie insbesondere Kinder unter solchen Erfahrungen leiden. Gleichzeitig geben die Journalisten anschauliche Einblicke in die Arbeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Technischen Universität München, des Universitätsklinikums Ulm sowie des kbo Kinderzentrums München. Die Forschenden haben die Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren auf posttraumatische Belastungsstörungen untersucht und erste Diagnostik- und Therapieansätze für sie entwickelt. Die Jury lobt die Reportage dafür, dass sie aktuelles Wissen über psychische Erkrankungen und ihre Behandlung auf professionelle Weise verständlich vermittelt und darüber hinaus auch Probleme bei der Finanzierung von Unterstützungs- und Forschungsprojekten thematisiert.

Medienpreis für Wissenschaftsjournalismus 2023: Helena Weise © Helena Weise

Helena Weise wird für ihren Artikel „Und morgen vielleicht von vorn“ ausgezeichnet, der im November 2022 in der Zeitschrift „Psychologie Heute“ erschienen ist. Der bewegende Beitrag erzählt die Geschichte einer psychisch erkrankten Patientin, die sich und andere aufgrund der Schwere ihrer Krankheit immer wieder in Gefahr bringt. Ihr Leben ist geprägt vom Wechsel zwischen der psychiatrischen Station und ihrem Zuhause, zwischen Zwangseinweisung und Entlassung, zwischen guten und schlechten Phasen. In diesem Spannungsfeld von Selbstbestimmung bis Zwangsbehandlung gelingt es der Autorin, eine Nähe zur Patientin und ihren Angehörigen herzustellen. Zugleich erläutert sie verständlich und informativ die aktuelle Rechtslage und das Versorgungssystem. Die Jury erkennt besonders an, wie es der Journalistin gelungen ist, dieses sensible und komplexe Thema eindrucksvoll darzustellen.


2022 


Christopher Bonnen
„Transmittergewitter“ | GEO | 2/2022
 


2021 


Gesa Gottschalk
GEO Perspektive | 10/2020
„Eine sichere Bank“ 

Nicole Ficociello
Bayern 2, Zündfunk Generator | 10/2020
„#mentalhealth – Warum psychische Erkrankungen bei Instagram gerade trenden“ 


Bis 2020 hat die DGPPN den Medienpreis für Wissenschaftsjournalismus in Verbindung mit der Stiftung für Seelische Gesundheit verliehen.


2020 


Anne Kleinknecht 
„Todesspritze statt Therapie? Sterbehilfe für psychisch kranke Menschen“ | Bayern 2 | 02/2020 

Pia Rauschenberger 
„Therapeutin verzweifelt gesucht“ (aus der Podcast-Reihe: Therapieland) | Deutschlandfunk Kultur Online | 10/2019 

Björn Stephan 
„Monster im Kopf“ | Die ZEIT | 10/2019


2019 


Barbara Vorsamer
„Liebe Magdalena“ | Magazin Süddeutsche Zeitung | 08/2018

Jenny von Sperber
„Das entfesselte Leben im Kopf“ | Bayerischer Rundfunk | 12/2019

Katja Engelhard und Inka Friese
„Die Sendung mit der Maus–Spezial: Die unsichtbare Krankheit“ | Das Erste / KiKa | 10/2018

Dr. Christina Berndt
Medienpreis für nachhaltig gute Berichterstattung zur psychischen Gesundheit


2018 


Dr. Ines Schipperges
„Es ist Liebe, nur anders – die Autismus-Serie“ | SZ-Magazin | 28.03.2018

Ulrike von Leszczynski
„CEine Krankheit, eine Familie und ein Mord“ | dpa | 14.02.2018

Anabel Münstermann
„Was stimmt mit mir nicht?“ | ZDF-Magazin Pur+ | 20.10.2017


2017 


Christine Holch
„Eine heftige Woche“ | chrismon | 11/2016

Stefanie Kara
„Letzte Rettung – Neue Chance für umstrittene Depressionstherapien“ | Deutschlandfunk | 12.02.2017

Carsten Schollmann und Dorothee Kaden
„Depression ­ neue Hoffnung“ | arte | 08.04.2017


2016 


Anja Krug-Metzinger
„Stimmen im Kopf“ | arte | 03.06.2016

Markus Kaiser
„Ritalin und Ich - Wie man als Erwachsener mit ADHS umgeht“ | Bayerischer Rundfunk | 25.01.2016 

Jana Simon
„Heile Welt“ | ZEITmagazin | 12/2015


2015 


Antje Schmidt
„Ausbruch in die Kunst - Die Zelle des Julius Klingebiel“ | NDR Fernsehen | 14.06.2015

Andreas Wenderoth
„Ein halber Held“ | GEO | 11/2014

Volkart Wildermuth
„Angst vor der Tat - Pädophilie im Hirnscan“ | Deutschlandfunk | 06.04.2015

Carsten Holm
„Ein Leben ohne Elfen“ | Der Spiegel | 52/2014


2014 


Jochen Paulus
„Tiefe Hirnstimulation gegen Depressionen – Wie Strom die Schwermut vertreibt“ | WDR 5 Leonardo | 18.06.2014

Stefanie Schramm
„Immer auf der Kippe“ | Die Zeit | 14.11.2013

Dr. Thomas Liesen
„Leben, Lieben, Vergessen… Alzheimer mit 40“  | ARD | 06.11.2013

Dr. Norbert Siegmund
„Tödliche Polizeikugeln. Wenn psychisch Kranke Opfer sind“ | RBB | 27.05.2014


2013 


Jana Kalms
„Tabu – Psychisch krank im Job“ | TV-Dokumentation produziert von Telekult

Simone Salden
„Eine Leiche zu viel“ | Der Spiegel | 50/2012

Dr. Astrid Viciano
„Elyn und die Dämonen“ | ZEIT Wissen | 3/2013


2012 


Sanja Hardinghaus
„Nur die Liebe fehlt - Wenn Babys ihren Müttern fremd sind“ | Spiegel-TV

Christian Weber
„Der Richter und seine Denker“ | Süddeutsche Zeitung

Martina Preiner
„Grund zur Panik - auf den Spuren von Angsterkrankungen und Furchtgedächtnis“ | Hörfunk


2011 


Marieke Degen und Kristin Raabe
„Die Neuvermessung des Bösen“ | Deutschlandfunk

Andrea Westhoff
„Geister und Seele“ | Deutschlandradio

Rita Stingl
„waschen, zählen, kontrollieren - Wenn Zwänge das Leben beherrschen“ | ZDF


2010 


Dr. Patrick Hünerfeld
„[betrifft] Schrittmacher fürs Gehirn“ | SWR

Julien Félix, Sébastien Mesquida und Yann Le Gléau
ARTE Reportage „Bali: Vom Dämon besessen“ | Arte


2009 


Jan Tenhaven und Jochen Schmutz
„Der Krieg in mir. Das schlummernde Trauma“ | MDR

Kristin Raabe
„Das durchstoßene Herz – 20 Jahre nach Rammstein: Wie das Gehirn eine Katastrophe verarbeitet“ | Deutschlandfunk