Migration und psychische Erkrankungen

Die Zahl der Menschen, die in Deutschland Schutz vor Krieg, Verfolgung, Gewalt und Hunger suchen, hat stark zugenommen. Viele der Neuankömmlinge sind psychisch schwer belastet. Trotz ihrer Not stoßen sie im psychosozialen Versorgungssystem auf erhebliche Zugangsbarrieren. Davon betroffen sind auch Menschen mit Migrationshintergrund, die schon lange in Deutschland leben. 

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Der Zuzug von Geflüchteten stellt die Gesundheitsversorgung vor große Aufgaben – ganz besonders den Bereich Psychiatrie und Psychotherapie. Denn die Erfahrungen in den Krisengebieten und auf der Flucht bleiben oftmals nicht ohne Folgen für die psychische Gesundheit. Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ist z. B. die Rate für Posttraumatische Belastungsstörungen bis um das Zehnfache erhöht. Dafür ist die psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung in Deutschland unzureichend vorbereitet. So sollten z. B. die primären Kontaktpersonen in den Erstaufnahmeeinrichtungen hinsichtlich psychischer Symptome geschult, routinemäßige Screenings auf psychische Erkrankungen durchgeführt und qualifizierte Sprach- und Kulturmittler für Diagnostik und Therapie eingesetzt werden. Bei akutem Behandlungsbedarf müssen Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie herangezogen werden. +++Behandelnde für Ukrainische Geflüchtete gesucht+++

Doch auch Menschen mit Migrationshintergrund, die unter anderen Umständen nach Deutschland gekommen sind oder schon lange in Deutschland leben, stehen im psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgungssystem vor sprachlichen, kulturellen und administrativen Hürden. Dabei kann Migration mit unterschiedlichen Stress-, Belastungs- und Risikofaktoren einhergehen, die sich auf die psychische Gesundheit auswirken. Dazu zählen etwa die Trennung von den Angehörigen, eine schlechtere Bildung, ein schlechter sozioökonomischer Status, Obdachlosigkeit, Diskriminierung oder fremdenfeindliche Übergriffe. Hinzu kommt, dass Gesundheits- und Krankheitsvorstellungen sowie Behandlungserwartungen je nach kulturellem Hintergrund, tradierten Werten, persönlichen Erfahrungen und sozialen Lebenswelten sehr unterschiedlich sind. In der Folge kommt es bei psychisch erkrankten Menschen mit Migrationshintergrund zu Unter-, Über- oder Fehlversorgung und dadurch zu erhöhten Kosten für Therapie und Pflege.

Eine Versorgung, welche die besonderen Bedürfnisse der Menschen mit Migrationshintergrund berücksichtigt, benötigt deshalb klare strukturelle Rahmenbedingungen: zum Beispiel eine Sicherung der Übernahme von Kosten für Sprach- und Kulturmittler und gestufte Versorgungsangebote. Auch die Weiterbildung von Fachkräften im Gesundheitswesen in Hinblick auf eine kultursensible Diagnostik und Behandlung muss verbessert werden.

Diagnostische Manuale

Sprachliche Hürden und kulturell bedingte Missverständnisse können die gründliche Diagnostik und Therapie von psychischen Erkrankungen bei Menschen mit Migrationshintergrund erschweren. Deshalb sollten diagnostische und therapeutische Manuale, aber auch Infotexte über psychische Erkrankungen und ihre Behandlung sowie zum psychiatrischen Versorgungssystem deutschlandweit in besonders nachgefragten Sprachen zur Verfügung stehen.

Kultursensitive Demenzdiagnostik

Die DGPPN hat im Rahmen der Nationalen Demenzstrategie gemeinsam mit weiteren medizinischen Fachgesellschaften Empfehlungen für eine kultursensitive Demenzdiagnostik entwickelt und Übersichten für entsprechende Testverfahren und Beratungsprojekte zusammengestellt.

Nationale Demenzstrategie

Transkulturelle Versorgungsmodelle

In Deutschland existiert eine Reihe von Angeboten zur psychosozialen Versorgung von Menschen mit Migrationshintergrund und Flüchtlingen, zum Beispiel Zentren für interkulturelle Psychiatrie, mehrsprachige Sprechstundenangebote oder spezialisierte Zentren zur Behandlung von Traumafolgestörungen.

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