12.06.2025 | Pressemitteilung

Für den Fall der Fälle – Patientenverfügung für den Bereich der psychischen Gesundheit 

In einer psychischen Krise kann es vorkommen, dass man die Fähigkeit verliert, selbstbestimmte Entscheidungen über medizinische Maßnahmen zu treffen. Damit Menschen für solche Situationen vorsorgen können, hat die DGPPN eine Patientenverfügung speziell für den Bereich der psychischen Gesundheit entwickelt. Sie richtet sich an alle, die für den Fall einer eingeschränkten Einwilligungsfähigkeit vorsorgen wollen, insbesondere aber an Menschen mit psychischen Vorerkrankungen.

Medizinische Behandlungen dürfen grundsätzlich nur dann durchgeführt werden, wenn Patientinnen und Patienten ihnen zustimmen. Sie müssen dafür im rechtlichen Sinne „einwilligungsfähig“ sein. Wenn die Einwilligungsfähigkeit aber beeinträchtigt ist, zum Beispiel durch eine Psychose, manische Zustände, den Konsum von Drogen oder auch eine Gehirnentzündung, kann es sein, dass Therapien nicht durchgeführt werden können – auch solche, die eine Person im gesunden Zustand selbst gewollt hätte. Um auch in diesen Situationen zu gewährleisten, dass Patientinnen und Patienten möglichst selbstbestimmt über ihre Behandlung entscheiden können, stellt die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) jetzt eine spezialisierte Patientenverfügung für den Bereich der psychischen Gesundheit zur Verfügung.

Prof. Dr. Thomas Pollmächer, Vorsitzender der Kommission Ethik und Recht der psychiatrischen Fachgesellschaft DGPPN erläutert: „Manche Erkrankungen können dazu führen, dass man nicht mehr versteht, welchen Nutzen, welche Risiken oder welche Folgen eine Behandlung hat. Mitunter nimmt eine Person nicht einmal wahr, dass sie krank ist. Rechtlich gesehen ist sie dann nicht einwilligungsfähig und entsprechend nicht in der Lage, eine rechtswirksame Entscheidung über die Behandlung zu treffen.“

Für solche Situationen kann man jetzt vorsorgen. Mit der neuen DGPPN-Patientenverfügung lässt sich im Voraus festlegen, welche Behandlungen man im Fall einer Einwilligungsunfähigkeit erhalten oder nicht erhalten will. Das ist insbesondere wichtig für Menschen, die bereits psychisch erkrankt sind und häufig genau wissen, welche Behandlungen sie im Krankheitsfall wollen und benötigen und welche nicht.

„In einer akuten Psychose kommt es leider immer wieder vor, dass Betroffene eine Behandlung, die ihnen helfen würde, ablehnen“, erklärt Thomas Pollmächer. „Wenn jemand beispielsweise einen Vergiftungswahn entwickelt, wird er sich gegen jegliche Medikation wehren. Ohne Medikation allerdings wird sein Zustand nicht bessern.“ Wenn man dagegen im Vorfeld schriftlich verfügt hat, dass man in dieser Situation medikamentös behandelt werden möchte, auch, wenn man in dem Moment etwas anderes sagt, muss diese Entscheidung berücksichtigt werden.

Doch nicht nur Menschen mit psychischen Vorerkrankungen profitieren von der Patientenverfügung: Jeder Mensch kann durch Krankheit oder Krise in einen Zustand geraten, in dem eine selbstbestimmte Entscheidung nicht mehr möglich ist. Die Patientenverfügung für den Bereich der psychischen Gesundheit bietet die Möglichkeit, sich frühzeitig mit dieser Frage auseinanderzusetzen und individuelle Behandlungswünsche verbindlich festzuhalten.

Die DGPPN stellt dafür ein praxisnahes Formular mit Ausfüllhilfen und allgemeinverständlichen, begleitenden Erläuterungen zur Verfügung. Zusätzlich gibt es Hinweise für Behandelnde zum Umgang mit der Verfügung und zur rechtlichen Einordnung. Die Unterlagen stehen auf der Website der DGPPN zum Download bereit.

Die Präsidentin der DGPPN, Prof. Dr. Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank unterstreicht die Bedeutung der Patientenverfügung: „Die DGPPN engagiert sich für eine Psychiatrie, die die Autonomie der Patientinnen und Patienten und eine partizipative Entscheidungsfindung in den Fokus stellt. Als Fachgesellschaft unterstützen wir deshalb auch die Entwicklung von Instrumenten zur Förderung der Patientenautonomie wie zum Beispiel der Leitlinie zur Verhinderung von Zwang. Auch mit der neu entwickelten Patientenverfügung für den Bereich der psychischen Gesundheit soll die Selbstbestimmung von Menschen mit psychischen Erkrankungen gestärkt werden. Mit ihrer Hilfe können sie heute Behandlungsentscheidungen treffen – für den Fall, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt dazu nicht mehr in der Lage sind.“

 

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