Wie möchten Sie behandelt werden, falls Sie in eine akute psychische Krise geraten und dadurch so beeinträchtigt sind, dass Sie nicht mehr selbstbestimmt über Ihre Behandlung entscheiden können? Mit der DGPPN-Patientenverfügung für den Bereich der psychischen Gesundheit können Sie für solche Situationen vorsorgen.
Denn eine medizinische Behandlung darf grundsätzlich nur dann durchgeführt werden, wenn Sie ihr zustimmen – und dafür müssen Sie im rechtlichen Sinne „einwilligungsfähig“ sein. Aber: Eine psychische Erkrankung kann diese Einwilligungsfähigkeit beeinträchtigen. Wenn man beispielsweise so krank ist, dass man nicht verstehen kann, welchen Nutzen, welche Risiken oder welche Folgen eine Behandlung hat. Oder wenn man selbst nicht sieht, dass man krank ist. Dann ist man rechtlich gesehen nicht einwilligungsfähig und damit nicht in der Lage, eine rechtswirksame Entscheidung über eine Behandlung zu treffen.
Die Einwilligungsfähigkeit kann zum Beispiel durch eine Psychose oder manische Zustände beeinträchtigt sein. Auch Drogenkonsum oder eine Gehirnentzündung können dazu beitragen.
Ohne eine Patientenverfügung kann es passieren, dass eine Behandlung, die Sie eigentlich gern hätten, nicht durchgeführt werden darf. Möglich ist auch, dass eine Behandlung angeordnet wird, die Sie nicht erhalten möchten.
Jeder Mensch kann so schwer erkranken, dass seine Einwilligungsfähigkeit beeinträchtigt ist. Es ist deshalb für jeden sinnvoll, sich vorab Gedanken zu machen, welche Behandlungen man im Fall der Fälle möchte und welche nicht, und diese Überlegungen schriftlich festzuhalten.
Besonders wichtig ist die Patientenverfügung für Menschen, die bereits psychisch erkrankt sind. Sie wissen häufig schon sehr genau, was sie im Falle einer akuten Krankheitsphase wollen und benötigen. Mit einer Patientenverfügung für den Bereich der psychischen Gesundheit können sie das vorab festhalten.
Herkömmliche Patientenverfügungen sind vor allem für Situationen gedacht, in denen man aufgrund körperlicher Krankheiten nicht oder kaum noch kommunizieren kann, weil man zum Beispiel im Koma liegt. Situationen, in denen man kommunizieren kann, aber nicht mehr einwilligungsfähig ist, werden darin nicht gut geregelt. Deshalb ist die DGPPN-Patientenverfügung entwickelt worden. Sie ist kein Ersatz für herkömmliche Verfügungen, sondern eine Ergänzung.
Lesen Sie das Dokument und die Erklärungen dazu genau durch. Am besten besprechen Sie es mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt. Sie müssen nicht jedes Feld ausfüllen. Aber bedenken Sie: Je mehr die Behandelnden über Sie wissen, desto besser können sie beurteilen, welche Entscheidung Sie eigentlich treffen würden – wenn Ihre Entscheidungsfähigkeit nicht gerade eingeschränkt wäre.
Zu jedem Feld der Patientenverfügung gibt es eine Erläuterung. Hier wird genau erklärt, was beim Ausfüllen beachtet werden muss.
Das Dokument beginnt mit einigen allgemeinen Angaben über Sie und Ihre Lebensumstände. Anschließend gibt es die Möglichkeit, sich zu verschiedenen Therapien zu äußern. Sie können für verschiedene Situationen festlegen, welche Behandlung Sie möchten und welche nicht. Zum Beispiel können Sie entscheiden, ob Sie im Fall einer psychotischen Episode Medikamente bekommen möchten. Sie können sogar festhalten, welche. Sie können außerdem festlegen, was passieren soll, falls Sie Ihre Patientenverfügung während einer psychotischen oder manischen Phase widerrufen.
Am Ende müssen Sie die ausgedruckte Verfügung unterschreiben. Das unterschriebene Dokument sollte zu Hause an einer gut zugänglichen Stelle aufbewahrt werden. Ein weiteres Exemplar können Sie bei einer Vertrauensperson aufbewahren. Zudem ist es sinnvoll, sie bei Ihrer Behandlerin oder Ihrem Behandler oder der im Notfall zuständigen psychiatrischen Klinik zu hinterlegen. Man kann die Verfügung auch im Zentralen Vorsorgeregister registrieren lassen; Gerichte und Ärzte können sie dort direkt abfragen. Sicherheitshalber sollten Sie auch einen Hinweis auf die Patientenverfügung mit sich führen - in Ihrem Geldbeutel, Ihrer Brief- oder Handtasche. Denn nur, wenn die Verfügung im Fall der Fälle vorliegt, kann sie wirksam werden.
Im Bedarfsfall muss jemand Ihre Patientenverfügung interpretieren und umsetzen. Das können sein: eine Bevollmächtigte oder ein Bevollmächtigter, eine Betreuerin oder ein Betreuer oder auch die Ehepartnerin oder der Ehepartner bzw. Partnerin oder Partner nach Lebenspartnergesetz.
Einen Bevollmächtigten bzw. eine Bevollmächtigte können Sie mit Hilfe einer Vorsorgevollmacht bestimmen. Diese Person kann Sie im Fall der Fälle sofort rechtlich vertreten. Alternativ können Sie mit einer Betreuungsverfügung festlegen, was passieren soll, wenn eine Betreuung notwendig wird. Sie benennen darin, welche Person Sie sich als Betreuer oder Betreuerin wünschen und wer es keinesfalls werden soll. Wenn Sie verheiratet oder nach dem Lebenspartnergesetz verpartnert sind, hat Ihr Partner bzw. Ihre Partnerin ein Notvertretungsrecht für medizinische Angelegenheiten. Dies bezieht sich allerdings nicht auf die Unterbringung im Krankenhaus oder eine Behandlung gegen ihren Willen.
Wenn Sie niemanden bestimmt haben, der Ihre Angelegenheiten vertritt, wird ein Gericht einen rechtlichen Betreuer oder eine Betreuerin für Sie bestimmen. Egal, wer Sie vertritt: Diese Person ist an das gebunden, was Sie in Ihrer Patientenverfügung festgelegt haben.
Frau Meier ist an einer bipolaren Störung erkrankt. Sie will sichergehen, dass sie künftig so behandelt wird, wie sie möchte, und füllt deshalb eine Patientenverfügung für den Bereich psychische Gesundheit aus. Außerdem hat sie eine Vorsorgevollmacht erstellt und darin ihre Mutter als Bevollmächtigte bestimmt. In der Patientenverfügung legt Frau Meier fest, dass sie im Fall einer manischen Episode mit dem Medikament Olanzapin behandelt werden möchte. Das soll auch dann gelten, wenn sie es in dem Moment ablehnen sollte. Sie hat ihre Verfügung ordnungsgemäß aufgesetzt, unterschrieben und bewahrt sie zugänglich auf. In der Geldbörse hat sie einen Zettel, auf dem steht, wo das Dokument liegt.
Als sie einige Zeit später manische Symptome entwickelt, bringen ihre Eltern sie in die Klinik. Sie hat kein Bewusstsein dafür, dass sie sich selbst und andere Menschen durch ihre Symptome ernsthaft gefährdet. Sie ist nicht einwilligungsfähig.
Die behandelnde Ärztin empfiehlt eine Therapie mit Olanzapin. Doch Frau Meier weigert sich, Medikamente einzunehmen. Diese Ablehnung der Medikation muss die behandelnde Ärztin ernstnehmen. Weil Frau Meier aber in ihrer Patientenverfügung klar formuliert hat, dass sie im Fall einer manischen Episode Olanzapin bekommen möchte, beantragt die Mutter als Bevollmächtigte diese Behandlung beim Gericht. Das Gericht prüft insbesondere, ob die Patientenverfügung rechtsgültig ist und auf die aktuelle Situation zutrifft. Nach der Prüfung erkennt es die Patientenverfügung an.
Ohne Patientenverfügung hätte das Gericht mutmaßen müssen, was Frau Meier gewollt hätte. Ob sie dann die gewünschte Behandlung bekommen hätte, ist unklar. Möglicherweise hätte sie stattdessen für längere Zeit ohne medikamentöse Behandlung gegen ihren Willen in einer psychiatrischen Klinik bleiben müssen.
Sofern die Patientenverfügung im einwilligungsfähigen Zustand unterschrieben wurde, ist sie rechtsverbindlich. Daher sollten Sie am Ende der Patientenverfügung Ihre Einwilligungsfähigkeit von einer Ärztin oder einem Arzt bestätigen lassen.
Ihre Patientenverfügung gilt nur in Situationen, in denen Sie von den Behandlerinnen und Behandlern als „nicht einwilligungsfähig“ eingeschätzt werden. Dann muss das, was Sie in der Patientenverfügung festgehalten haben, umgesetzt werden.
Aber natürlich gibt es Grenzen. Sie können beispielsweise nicht bestimmen, dass Sie niemals und in keinem Fall behandelt werden oder in eine Klinik gebracht werden. Denn, falls Sie aufgrund Ihrer Erkrankung eine Gefahr für andere Menschen darstellen, wird man eingreifen – auch wenn Sie etwas anderes aufgeschrieben haben.
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