Gefängnispsychiatrie

Während sich die forensische Psychiatrie mit Straftätern beschäftigt, die aufgrund einer psychischen Erkrankung Straftaten begangen haben, widmet sich die Gefängnispsychiatrie Menschen mit psychischen Erkrankungen, die unabhängig von dieser Erkrankung straffällig geworden sind. In Deutschland sitzen derzeit etwa 45.000 Personen in Justizvollzugsanstalten (JVAs) ein. Schätzungen zufolge leiden bis zu 88 Prozent der Häftlinge unter mindestens einer psychischen Erkrankung. Genaue Zahlen zu den Häufigkeiten psychischer Erkrankungen unter JVA-Insassen fehlen aber. Ebenso unklar ist, welche Mittel und Ressourcen in den Gefängnissen für Diagnostik und Therapie der Häftlinge bereitstehen.

Prof. Dr. Jürgen L. Müller
Leiter des DGPPN-Referats „Forensische Psychiatrie“ und der Task-Force „Gefängnispsychiatrie“:

„Aktuell wissen wir leider nicht wirklich, wie es um die psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung in den Justizvollzugsanstalten (JVAs) steht. Wir haben deshalb im vergangenen Jahr eine Task-Force „Gefängnispsychiatrie“ gegründet und führen jetzt eine Befragung zur psychiatrischen Versorgungslage in deutschen JVAs durch. So soll geklärt werden, ob in den JVAs eine adäquate Versorgung psychischer Störungen möglich ist und in welchen Bereichen besonders dringender Handlungsbedarf besteht.

Unsere Umfrage soll erstmals ein genaues Bild zeichnen: Welche Ressourcen stehen für die psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung bereit? Wie viele Psychiaterinnen, Psychotherapeuten oder andere Fachkräfte unterstützen die Gefangenen? Wir erfragen auch, wie viele Gefangene in psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlung sind – intramural, also in der JVA selbst, telemedizinisch oder in einer Einrichtung außerhalb der JVA, also extramural. Aktuell wissen wir nicht einmal, ob in allen Einrichtungen regelhaft psychiatrische Eingangsuntersuchungen durchgeführt werden. Besonders interessiert uns natürlich die Bewertung der Kapazitäten. Wird der tatsächliche Bedarf an psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlungen in den JVAs abgedeckt? Erst wenn wir wissen, wie genau sich die Lage in den Einrichtungen gestaltet, können wir gezielt Handlungsempfehlungen erarbeiten und Lösungsvorschläge vorlegen.“

DGPPN-Experte: Prof. Dr. Jürgen L. Müller

Der Leiter des DGPPN-Referats „Forensische Psychiatrie“ und der neu gegründeten DGPPN-Task-Force „Gefängnispsychiatrie“ vertritt die Forensische Psychiatrie im Vorstand der DGPPN. Er leitet die Asklepios Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie in Göttingen und hat die Schwerpunktprofessur Forensische Psychiatrie und Psychotherapie an der dortigen Universität inne.


Stand: November 2023

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