Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Psychiatrie-Enquete versammelte die DGPPN Fachleute, Zeitzeuginnen und Zeitzeugen sowie politische Akteure in Berlin. Die Veranstaltung beleuchtete den historischen Wandel der psychiatrischen Versorgung und diskutierte notwendige Reformen für die Zukunft.
Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) beging das 50-jährige Jubiläum der Psychiatrie-Enquete mit einer feierlichen Fachveranstaltung in Berlin. Die Veranstaltung bot einen umfassenden Blick auf die Reformgeschichte der deutschen Psychiatrie, ihre Auswirkungen auf die Gegenwart und die Perspektiven für die Zukunft.
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken betonte in ihrem Grußwort die Bedeutung der Enquete als Wendepunkt in der deutschen Psychiatrie. Prof. Dr. Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank, Präsidentin der DGPPN, führte aus: „Die Psychiatrie-Enquete leitete den Übergang ein, von der Verwahrpsychiatrie hin zu einer Psychiatrie, die die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten in den Fokus nimmt. Es ist unsere Verantwortung, die Vision der Enquete weiterzuführen und sicherzustellen, dass alle Menschen die für sie bestmögliche Behandlung erhalten.“
Die Teilnehmenden der Veranstaltung erhielten zunächst einen wissenschaftlich-historischen Einblick in den Enquete-Prozess. Dieser wurde ergänzt durch eindringliche Berichte von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen aus allen Bereichen der Psychiatrie: Eine Ärztin, eine Pflegekraft, eine Betroffene und ein Protagonist der Reformen aus dem Verwaltungsbereich berichteten von ihren persönlichen Erfahrungen im alten System und beim Aufbau der neuen Strukturen. Sie beschrieben die Enquete als einen bewegenden Veränderungsprozess, der zu einer bedeutenden und längst überfälligen Änderung der Haltung gegenüber Menschen mit psychischen Erkrankungen führte und nur deshalb erfolgreich sein konnte, weil er gleichermaßen vom Fach, der Öffentlichkeit und der Politik getragen wurde.
Anschließend wurde ein kritischer Blick auf die Gegenwart der psychiatrischen Versorgung geworfen. Dabei wurden Fortschritte in der gemeindenahen Versorgung gewürdigt, aber auch die anhaltenden Herausforderungen, etwa bei der Versorgung schwer psychisch Erkrankter oder der Entstigmatisierung, benannt. Dass psychische Erkrankungen heute wieder zunehmend im Zusammenhang mit dem Thema Gefährlichkeit diskutiert werden, wurde allgemein mit großer Sorge betrachtet.
Eine Podiumsdiskussion über notwendige Reformen für die Sicherstellung einer individuumszentrierten und bedarfsorientierten psychiatrischen Versorgung rundete das Programm ab. Die Flexibilisierung der Behandlungsmöglichkeiten wurde von allen Beteiligten – Betroffenen, Behandelnden und der Politik – befürwortet. Aus der Politik kamen zudem Signale, dass die Einführung von Globalbudgets und damit die erhoffte Flexibilisierung der Behandlung aus dem Krankenhaus über alle Behandlungssettings hinweg möglich sein könnte.
Die Veranstaltung bot vielfältige Gelegenheiten für den Austausch zwischen Fachleuten, Betroffenen und politischen Vertreterinnen und Vertretern, nicht nur auf dem Podium. „Der Dialog zwischen allen Beteiligten ist entscheidend, um die psychiatrische Versorgung weiter zu verbessern“, betonte Prof. Dr. Gouzoulis-Mayfrank abschließend. „Nur wenn Fachleute, Politik und Gesellschaft wie vor 50 Jahren an einem Strang ziehen und den Reformen Priorität einräumen, können wir die psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung nachhaltig zukunftsfähig machen.“