Im Februar 2013 hat der Gesetzgeber die jüngsten Vorgaben der höchsten Gerichte für betreuungsrechtliche Unterbringung und Behandlung einwilligungsunfähiger Patienten in psychiatrischen Krankenhäusern umgesetzt. Seitdem sind zwei Jahre vergangen und entsprechende Anpassungen der Regeln zur öffentlich-rechtlichen Unterbringung nach den Psychisch-Kranken-Gesetzen und Unterbringungsgesetzen stehen in den meisten Bundesländern noch aus. Wo es bereits eine Neuregelung gibt, bestehen nach Meinung juristischer Experten Zweifel an deren Konformität mit der Verfassung und der UN-Behindertenrechtskonvention. Aus fachlicher Sicht sollten die Ländergesetzgeber folgende Grundsätze bei der Neuregelung der öffentlich-rechtlichen Unterbringung in psychiatrischen Krankenhäusern berücksichtigen:
In den letzten beiden Jahren seit der Neuregelung des Betreuungsrechts hat sich viel bewegt. Die strengen rechtlichen Vorgaben für ärztliche Zwangsmaßnahmen und eine intensive Diskussion zwischen dem behandelnden Fachpersonal und den Betroffenen und Angehörigen sowie den zuständigen Ministerien und Bundestagsausschüssen führten zu einer Reduzierung von Zwang und einer Fokussierung auf mögliche Alternativen. Weiterhin besteht jedoch dringender Handlungsbedarf. Neben der Umsetzung des neuen rechtlichen Rahmens in den Psychisch-Kranken-Gesetzen und Unterbringungsgesetzen der Länder betrifft dies insbesondere auch die Behandlungskultur vor Ort in den Kliniken. Hier setzt sich die DGPPN verstärkt für die lückenlose Dokumentation von Zwangsmaßnahmen in den Krankenhäusern und die Prüfung der Daten in einem Bundesregister ein. Des Weiteren sollten die Selbstbestimmungsrechte der Patienten durch die unterstützte Anwendung von Patientenverfügungen und Behandlungsvereinbarungen gefördert werden. Schließlich kann nur eine neue Behandlungskultur den gesetzlichen und menschenrechtlichen Rahmenbedingungen Rechnung tragen und gleichzeitig Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen die notwendigen Hilfen garantieren.
¹ Gemeint sind hiermit alle psychiatrischen Krankenhäuser und Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie an Allgemeinkrankenhäusern. Nicht gemeint sind Kliniken und Abteilungen für forensische Psychiatrie.
² Behandlung meint hier alle medizinischen Maßnahmen, welche der Heilung oder Besserung einer Erkrankung oder der Folgen einer Behinderung dienen, oder der Linderung ihrer Folgen. Insofern gehören hierzu auch Schutzmaßnahmen wie freiheitsentziehende Maßnahmen zum Wohle des Patienten.
³ §2 Abs. 2 der Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärzte [http://www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=1.100.1143#I] verbietet es, das Wohl Dritter über das Wohl des Patienten zu stellen, was eine Behandlung ausschließlich zum Wohl Dritter natürlich erst recht standesrechtlich ausschließt: „Ärztinnen und Ärzte haben ihren Beruf gewissenhaft auszuüben und dem ihnen bei ihrer Berufsausübung entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen. Sie haben dabei ihr ärztliches Handeln am Wohl der Patientinnen und Patienten auszurichten. Insbesondere dürfen sie nicht das Interesse Dritter über das Wohl der Patientinnen und Patienten stellen.“
Für den Vorstand der DGPPN
Prof. Dr. med. Thomas Pollmächer
Prof. Dr. med. Arno Deister
Prof. Dr. med. Peter Falkai
Eckpunktepapier zum Download [PDF, 287KB]