Mecklenburg-Vorpommern

(vom 14. Juli 2016, zuletzt geändert am 13. Dezember 2018)

 

Anwendungsbereich des Gesetzes

Das Gesetz gilt für Menschen mit psychischen Krankheiten. Im Sinne des Gesetzes sind das Personen, bei denen eine geistige oder seelische Krankheit oder Störung von erheblichem Ausmaß vorliegt oder die an einer mit dem Verlust der Selbstkontrolle einhergehenden Abhängigkeit von Suchtstoffen leiden oder bei denen Anzeichen einer solchen Krankheit oder Störung vorliegen (§ 1).

Hilfen für Patienten

In welcher Art und Weise werden Hilfen für Patienten angeboten?
Die vorsorgenden und die nachgehenden Hilfen werden möglichst so gewährt, dass die Menschen sie in Anspruch nehmen können, ohne ihren gewohnten Lebensbereich aufzugeben (§ 3).

Welche Ziele sollen durch die Hilfen erreicht werden?
Die selbstständige Lebensführung und Teilhabe beeinträchtigende Maßnahmen, insbesondere eine Unterbringung, entbehrlich zu machen, die Unterbringung zu verkürzen und nach einer Unterbringung die Wiedereingliederung zu erleichtern und zu fördern (§ 3).

Regelungen zur Unterbringung

Welche Voraussetzungen müssen für eine Unterbringung vorliegen? Welcher Unterbringungszweck ist definiert?
Die Unterbringung ist nur zulässig, wenn dies zur Abwehr von gegenwärtigen Gefahren für Gesundheit, Leben oder andere bedeutende Rechtsgüter der Menschen mit psychischen Krankheiten oder Dritter aufgrund der psychischen Erkrankung erforderlich ist. Der Zweck der Unterbringung ist, diese Gefahren abwenden und die untergebrachte Person mit dem Ziel zu behandeln, diese Gefahren zu beseitigen, um dadurch die Dauer der Unterbringung zu verkürzen und die Wiedereingliederung vorzubereiten. (§ 11).

Wer ist berechtigt, einen Antrag auf Unterbringung einzureichen?
Der örtlich zuständige Landrat oder Oberbürgermeister (§ 13).

Welche Einrichtungen sind für die Unterbringung zuständig?
Psychiatrische Krankenhäuser oder psychiatrische Abteilungen in einem Krankenhaus (Einrichtungen). In den Einrichtungen müssen die Voraussetzungen für eine offene und geschlossene Unterbringung sowie für die gesonderte Behandlung von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden gegeben sein (§ 12).

In welcher Form ist der Patient unterzubringen?
Die Unterbringung wird unter Berücksichtigung therapeutischer Gesichtspunkte den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich angeglichen. Dabei sind Sicherheitsinteressen in angemessener Weise zu berücksichtigen. Ein regelmäßiger Aufenthalt im Freien ist zu gewährleisten. Die Bereitschaft der untergebrachten Patienten, an der Erreichung des Unterbringungsziels mitzuwirken, soll geweckt und das Verantwortungsbewusstsein für ein geordnetes Zusammenleben gefördert werden. Während der Unterbringung fördert die Einrichtung die Aufrechterhaltung bestehender und die Anbahnung neuer sozialer Kontakte der Menschen mit psychischen Krankheiten, soweit sie der Wiedereingliederung dienen (§ 18). Bei Aufnahme ist ein Behandlungsplan zu erstellen (§ 17).

Ist eine offene Unterbringung vorgesehen?
Die Unterbringung soll nach Möglichkeit aufgelockert und weitgehend in freien Formen durchgeführt werden, sobald der Zweck der Unterbringung es zulässt (§ 34).

Regelungen zum Umgang mit Sicherungsmaßnahmen und unmittelbarem Zwang

Unter welchen Voraussetzungen sind Sicherungsmaßnahmen zulässig?
Besondere Sicherungsmaßnahmen sind nur zulässig, wenn dies zur Abwehr von gegenwärtigen Gefahren für Gesundheit, Leben oder andere bedeutende Rechtsgüter des Patienten oder Dritter erforderlich ist oder absehbar ist, dass der Patient die Einrichtung ohne Erlaubnis verlassen wird, und wenn diesen Gefahren nicht anders begegnet werden kann (§ 21).

Welche Sicherungsmaßnahmen sind zulässig?
Die Beschränkung des Aufenthalts im Freien, die Wegnahme von Gegenständen, die Absonderung in einem besonderen Raum, die Fesselung und die Fixierung (§ 21).

Bedürfen diese Maßnahmen einer richterlichen Anordnung oder Genehmigung?
Eine mindestens halbstündige Fixierung erfordert grundsätzlich eine vorherige richterliche Anordnung. Ausnahmsweise kann zur Abwehr einer akuten Selbst- oder Fremdgefährdung davon abgesehen werden; die richterliche Genehmigung ist dann unverzüglich nachträglich einzuholen. Eine richterliche Anordnung ist nicht erforderlich, wenn bereits zu Beginn der Fixierung absehbar ist, dass sie erst nach Wegfall des Grundes der Fixierung ergehen wird oder die Fixierung vorher tatsächlich beendet sein wird und auch keine Wiederholung zu erwarten ist (§ 21).

Wie ist der Patient bei der Anwendung von Sicherungsmaßnahmen zu überwachen?
Während der Absonderung in einem besonderen Raum ist die untergebrachte Person besonders zu betreuen. Während der Fixierung ist grundsätzlich eine Eins-zu-eins-Betreuung durch therapeutisches oder pflegerisches Personal zu gewährleisten und die Erforderlichkeit der Fortdauer der Fixierung in jeweils kurzen Abständen regelmäßig neu einzuschätzen (§ 21).

Wie sind diese Maßnahmen zu dokumentieren?
Anordnung und Aufhebung der besonderen Sicherungsmaßnahme sind zu dokumentieren (§ 21).

Ist eine Nachbesprechung vorgeschrieben?
Eine Nachbesprechung ist nicht gesetzlich vorgeschrieben, aber nach Beendigung einer Fixierung ist die untergebrachte Person auf die Möglichkeit einer nachträglichen gerichtlichen Überprüfung hinzuweisen (§ 21).

Welche Voraussetzungen müssen für unmittelbaren Zwang vorliegen?
Soweit es die Durchführung der Maßnahmen nach diesem Gesetz gebietet, sind Ärzte der Einrichtungen befugt, unmittelbaren Zwang anzuwenden. Wenn erforderlich, können sie diese Befugnis im Einzelfall auf andere Bedienstete der Einrichtung übertragen (§ 22).

Regelungen zu Zwangsbehandlungen

Welche Voraussetzungen müssen für die Zwangsbehandlung vorliegen?

  • Einsichtsunfähigkeit und/oder Steuerungsunfähigkeit (+)
  • Einwilligungsunfähigkeit (+)
  • Erreichbarkeit des Behandlungsziels (+)
  • Bezug zur Anlasserkrankung (+)
  • Ultima ratio (+)
  • Überzeugungsversuche (+)
  • Positive Kosten-Nutzen-Abwägung (+)
  • Richtervorbehalt (+)
  • (§ 26).

Ist eine Zwangsbehandlung zur Erreichung der folgenden Ziele unter Umständen erlaubt?

  • Behandlung einer interkurrenten Erkrankung (Begleiterkrankung) (+)
  • Wiederherstellung der Voraussetzungen der Selbstbestimmungsfähigkeit (-)
  • Beseitigung der Notwendigkeit der Unterbringung (+)
  • Abwehr einer Lebensgefahr oder einer gegenwärtigen erheblichen Gesundheitsgefahr (+)
  • Abwehr einer Fremdgefährdung (+)
  • Sicherstellung der Ordnung und Sicherheit (-)
  • (§ 26).

Gibt es weitere formale Durchführungsbestimmungen?
Die Behandlung muss von einem Arzt angeordnet, überwacht und dokumentiert werden. Eine Zwangsbehandlung ist nur mit vorheriger Zustimmung des Betreuungsgerichts zulässig außer bei Gefahr im Verzug (§ 26).

Sind Zwangsbehandlungen bei Gefahr im Verzug zulässig?
Ja, eine gerichtliche Anordnung ist nicht erforderlich, wenn die ärztliche Zwangsmaßnahme dazu dient, eine gegenwärtige Lebensgefahr oder eine gegenwärtige schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit des Patienten abzuwenden, wenn durch die Beantragung der richterlichen Genehmigung die Behandlung verzögert würde und sich hieraus Nachteile für das Leben oder die Gesundheit des Patienten ergeben würden. Die gerichtliche Zustimmung ist dann unverzüglich nachträglich einzuholen (§ 26).

Regelungen zu sozialen Aspekten, Leben und Ordnung in der Einrichtung

Hat die untergebrachte Person ein Recht auf Besuch?
Ja, im Rahmen der Besuchsregelungen der Hausordnung der Einrichtung dürfen Besuche empfangen werden. Das Besuchsrecht darf nur eingeschränkt werden, wenn die Gesundheit der untergebrachten Person oder die Sicherheit der Einrichtung durch den Besuch erheblich gefährdet ist (§ 29).

In welchem Rahmen hat die untergebrachte Person Zugang zu Telekommunikation?
Telefonate sind erlaubt. Sie dürfen nur eingeschränkt werden, wenn die Gesundheit der untergebrachten Person oder die Sicherheit der Einrichtung durch sie erheblich gefährdet ist (§ 29).

Darf die untergebrachte Person Schrift- und Paketverkehr führen?
Schrift- und Paketverkehr sind erlaubt. Schreiben dürfen nur angehalten werden, wenn ihre Weiterleitung der untergebrachten Person gesundheitliche Schäden oder sonstige erhebliche Nachteile zufügen oder die Sicherheit oder das geordnete Zusammenleben in der Einrichtung oder die Eingliederung der untergebrachten Person oder anderer nach der Entlassung gefährden würde. Keiner Einschränkung unterliegt der Schrift- und Paketverkehr mit Gerichten, der anwaltlichen oder notariellen Vertretung, der Besuchskommission, Volksvertretungen des Bundes und der Länder, kommunalen Vertretungen, den Aufsichtsorganen der Einrichtung, den Beauftragten für den Datenschutz des Bundes oder der Länder, dem Europäischen Parlament und dessen Mitgliedern, der Europäischen Kommission für Menschenrechte, dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, dem Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, dem Ausschuss der Vereinten Nationen gegen Folter, dem zugehörigen Unterausschuss zur Verhütung von Folter und den entsprechenden Nationalen Präventionsmechanismen sowie bei ausländischen Staatsangehörigen mit der konsularischen oder diplomatischen Vertretung des Heimatlandes (§ 30).

Darf der untergebrachten Person Urlaub zur Belastungserprobung gestattet werden?
Die ärztliche Leitung kann bis zu 14 Tage Urlaub gewähren, sofern es der Gesundheitszustand und die persönlichen Verhältnisse der untergebrachten Person zulassen und ein Missbrauch nicht zu befürchten ist. Die Beurlaubung kann mit Auflagen verbunden werden (§ 32).

Darf der untergebrachten Person Ausgang gewährt werden?
Ja, für eine stundenweise Beurlaubung (Ausgang) gelten dieselben Regelungen wie für den Urlaub zur Belastungserprobung (§ 32).

Sicherstellung von Patientenrechten

Ist ein Patientenfürsprecher, an den sich Patienten und Angehörige wenden können, vorgeschrieben?
Nein.

Sind Besuchskommissionen vorgeschrieben?
Ja, die Landkreise und die kreisfreien Städte bilden jeweils Besuchskommissionen. Diese sollen einmal in 12 Monaten die Einrichtungen besuchen. Bei den Besuchen der Besuchskommission ist den Menschen mit psychischen Krankheiten Gelegenheit zu geben, Wünsche oder Beschwerden vorzutragen. Zusammensetzung: ein Facharzt für Psychiatrie oder ein Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, ein Richter, ein Sozialarbeiter des zuständigen Sozialpsychiatrischen Dienstes, ein Vertreter eines Interessenverbandes von Menschen mit psychischen Krankheiten, ein Vertreter eines Interessenverbandes der Freunde oder Angehörigen von Menschen mit psychischen Krankheiten, sowie ein Bürger Mecklenburg-Vorpommerns ohne Fachkunde (§ 46).

Reporting und Monitoring

Werden Daten zur Unterbringung und zu Zwangsmaßnahmen zentral erfasst, ausgewertet und öffentlich gemacht?

  • Zentrale Datensammlung: Keine Angaben
  • Auswertung: Keine Angaben
  • Öffentliche Berichterstattung: Keine Angaben

     

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