Die Maßnahmen zur Eindämmung der SARS-CoV-2-Pandemie haben weitreichende ökonomische Auswirkungen auf die psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgungslandschaft. Zum einen haben die bereits erfolgten Maßnahmen zu einem erheblichen personellen und sachbezogenen Mehraufwand in den Kliniken, Institutsambulanzen und Praxen geführt. Zum anderen werden dort durch die Restriktionen auch noch in absehbarer Zeit wesentliche Einnahmen fehlen. Refinanzierungen und Investitionen sind notwendig, um in Deutschland auch in Zukunft eine qualitativ hochwertige Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen gewährleisten zu können.
Zusammenfassung
Seit Anfang Mai werden im Krankenhausbereich die Kapazitäten für elektive Behandlungsfälle langsam wieder auf- und die Restriktionen abgebaut. Dennoch ist der Krankenhausbetrieb weit entfernt von der Normalität der Prä-Corona-Zeit und eine komplette Normalisierung wird voraussichtlich über einen Zeitraum von vielen Monaten bis zu Jahr(en) nicht möglich sein.
Tiefgreifende Umstrukturierungen
Neben der somatischen ist auch die psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung der Bevölkerung unter dem anhaltenden Einfluss der Corona-Pandemie weiterhin eine wichtige Aufgabe des deutschen Gesundheitssystems. Krankenhäuser, Institutsambulanzen und vertragsärztliche Praxen haben sich inzwischen intensiv mit den Voraussetzungen zur Gewährleistung des Infektionsschutzes für Patienten und Mitarbeiter auseinandergesetzt und bemühen sich, diese im Behandlungsalltag angemessen zu berücksichtigen. Das Ergebnis sind tiefgreifende Prozessmodifikationen und die Reduktionen der Belegung, weshalb auf absehbare Zeit ein Klinik- und Therapiebetrieb wie vor der SARS-CoV-2-Pandemie unvorstellbar ist.
Dies führt zu wesentlichen Einschränkungen im Diagnostik- und Therapieangebot, was auch weitreichende ökonomische Auswirkungen hat. Den Krankenhäusern werden aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen in absehbarer Zeit wesentliche Einnahmen fehlen, die nicht (vollständig) durch Ausgleichszahlungen kompensiert werden, denn die Restriktionen des Infektionsschutzes werden auch weit über den Zeitraum der Gültigkeit des aktuellen „Rettungsschirms“ hinaus wirksam bleiben.
Weiterhin hoher Personalbedarf
Obwohl es den Krankenhäusern zwischenzeitlich wieder erlaubt ist, den regulären Behandlungsbetrieb aufzunehmen, führen die notwendigen Maßnahmen zur Gewährleistung des Infektionsschutzes dazu, dass Behandlungskapazitäten weiterhin freigehalten werden müssen und sich trotz reduzierter Belegung ein weiterhin hoher Personalbedarf ergibt:
Finanzierung sicherstellen
Die bisherigen Ansätze des kurzfristig implementierten „Rettungsschirms“ sind richtig gewesen. Die Bemühungen des Gesetzgebers haben es den Krankenhäusern ermöglicht auch in dieser schwierigen Zeit ihre Patienten bestmöglich zu versorgen. Auch für die Zeit nach dem 30.09.2020 müssen nun aber Regelungen gefunden werden, welche die veränderten Rahmenbedingungen der Krankenhäuser adäquat berücksichtigen und die Mehraufwände zur Eindämmung des Infektionsrisikos ausgleichen. Ebenso müssen die Erkenntnisse der Krise künftig bei der Planung und Förderung von Neubauten Berücksichtigung finden, um den Patienten ein möglichst sicheres und genesungsförderndes Behandlungsumfeld bieten zu können. Eine Schlüsselrolle könnte digitalen Angeboten zukommen, welche das Behandlungsangebot sinnvoll ergänzen und dabei helfen können, die Maßnahmen des Infektionsschutzes einzuhalten. Der flächendeckende Einsatz von digitalen Angeboten bedarf umfangreicher Investitionen, welche durch die zuständigen Kostenträger refinanziert werden müssen.
Handlungsbedarf in der ambulanten Versorgung
Die ambulante fachärztliche Behandlung ist besonders geeignet, Kontakte zu minimieren, denn die dezentrale Versorgung macht eine individuelle Behandlung von Patienten unter Einhaltung der Hygienebestimmungen möglich. Dabei muss auch bei der Behandlung in einer Facharztpraxis oder Institutsambulanz darauf geachtet werden, dass Patientenkontakte bei Infektionsgefahr in Dauer und Frequenz minimiert werden. Durch Video- und Telefonkontakte kann die Behandlung auch unter Pandemie- und Quarantänebedingungen sicher und verlässlich gewährleistet werden. Damit diese niedrigschwellig und qualitativ hochwertig erbracht werden können, müssen sie ausreichend vergütet werden. Neben der Videokommunikation kommt dabei insbesondere der Telefonie eine wichtige Rolle zu, da sie flexibler einsetzbar ist und gerade bei chronisch erkrankten Menschen, welchen oftmals die nötige Videotechnik fehlt, die einzige Kontaktmöglichkeit darstellt. Die Begrenzung der Telefonkontakte auf das 2. Quartal 2020 durch die KBV ist deshalb ein fatales Signal.
Folgende Maßnahmen sind notwendig:
Downloads
Ökonomische Auswirkungen der SARS-CoV-2-Pandemie auf die psychiatrische Versorgungslandschaft [PDF, 236 KB]
Orientierungshilfen zur psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung in der postakuten Phase der SARS-CoV-2-Pandemie [PDF, 360 KB]