15.11.2024 | Pressemitteilung

Lecanemab: Eine Chance für viele Betroffene

Die DGPPN begrüßt die Empfehlung der European Medicines Agency (EMA), das Medikament Lecanemab zur Behandlung der leichten Alzheimer-Krankheit zuzulassen. Für einen Teil der Erkrankten wird damit bald auch in Europa eine kausal wirksame Therapie zur Verfügung stehen. Damit die Therapie die Betroffenen erreicht, müssen nun kluge Strukturen für die neuen Versorgungsoptionen aufgesetzt werden. 

Prof. Dr. Andreas Meyer-Lindenberg, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie äußert sich erfreut über die Entscheidung der EMA: „Auch Patientinnen und Patienten in Europa können künftig von einer kausalen Therapie gegen Alzheimer profitieren. Bei einer frühen Diagnose kann die Zeit, in der Betroffene durch die Erkrankung nur leichte Beeinträchtigungen erfahren, deutlich verlängert werden.“

Am 14.11.2024 teilte die EMA mit, dass die Kommission zur Bewertung von Arzneimitteln CHMP eine Zulassung des Medikaments Lecanemab (Leqembi) empfiehlt. In einer ersten Bewertung im Juli 2024 hatte sie eine gegenteilige Empfehlung ausgesprochen, da der Nutzen der Behandlung die Risiken nicht rechtfertigen würde. Für die Neubewertung wurde auf Vorschlag des Herstellers Eisai jetzt die Gruppe mit dem höchsten Risiko für Nebenwirkungen von der Behandlung ausgeschlossen.

DGPPN-Vorstandsmitglied und federführender Ko-Autor der S3-Leitlinie Demenzen Prof. Dr. Frank Jessen erläutert: „Die Nebenwirkungen, die die EMA bewogen hatten, sich zunächst gegen eine Zulassung auszusprechen, betreffen insbesondere Personen mit einer bestimmten genetischen Konstellation (APOE4/4). Ca. 15 % aller Patientinnen und Patienten, die für die Behandlung grundsätzlich infrage kommen, haben diese genetische Variante. Diese Gruppe ist nun von der Behandlung ausgeschlossen. Betroffene ohne diese genetische Variante haben ein deutlich geringeres Nebenwirkungsrisiko.“

Die EMA wird die Therapie mit Lecanemab mit bestimmten Auflagen verbinden. Die Behandlung wird deshalb wahrscheinlich zunächst an spezialisierten Zentren durchgeführt. „Wichtig zu beachten ist, dass die erfolgreiche Behandlung mit Lecanemab eine frühe Diagnostik der Erkrankung voraussetzt“, merkt Frank Jessen an. „Das erfordert ein Umdenken im Diagnoseprozess. Bislang wird bei ersten Anzeichen einer kognitiven Einschränkung zunächst beobachtet und abgewartet. So verpassen viele Betroffene das Fenster für den Beginn einer Antikörpertherapie. Wir brauchen deshalb eine veränderte Diagnosepraxis. Wenn ein Betroffener mit kognitiven Auffälligkeiten zum Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie oder auch in eine Hausarztpraxis kommt, müssen künftig direkt weitere Untersuchungen initiiert werden. Beispielsweise kann mittels Liquordiagnostik festgestellt werden, ob biologische Marker auf eine Alzheimer-Erkrankung hindeuten.“

Um die nötigen Anpassungen der Versorgungslandschaft anzustoßen und zu gestalten, ist die DGPPN im Dialog mit allen an der Versorgung von Alzheimer-Patientinnen und -Patienten beteiligten Akteuren. Präsident Andreas Meyer-Lindenberg betont: „Wir müssen jetzt die Versorgungsstrukturen ausbauen und kluge diagnostische Pfade definieren, damit alle Betroffenen rechtzeitig die erforderliche Diagnostik und Therapie bekommen.“ Auch auf dem DGPPN Kongress, der vom 27. bis zum 30. November in Berlin stattfindet, wird die Zukunft der Diagnostik und Therapie von Alzheimer-Patientinnen und Patienten in den Blick genommen.

Lecanemab ist ein Antikörper, der gegen Amyloid wirkt – ein wesentliches Merkmal der Alzheimer-Krankheit. Die Behandlung ist für Patientinnen und Patienten mit einer leichten kognitiven Beeinträchtigung oder einer leichten Demenz geeignet, bei denen Amyloid nachgewiesen wurde. Durch die Behandlung wurde in einer Studie über 18 Monate eine Verzögerung des Fortschreitens der Symptome um ca. 30 % erreicht. Mögliche Nebenwirkungen sind Veränderungen im Gehirn, die mittels Kernspintomographie mehrfach im Jahr überwacht werden müssen. Lecanemab ist bereits in den USA, Japan, China, Süd-Korea und Israel zugelassen. In Großbritannien erfolgte die Zulassung unter den gleichen Bedingungen wie nun in der EU mit Ausschluss der Träger der genetischen Variante APOE4/4.

 

Weitere Informationen

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