Am Sonntag steht die psychische Gesundheit deutschlandweit im Fokus der Aufmerksamkeit. Von der Ostseeküste bis an den Bodensee finden im Rahmen der Woche der Seelischen Gesundheit bundesweit zahlreiche Veranstaltungen statt, die über psychische Erkrankungen, Prävention sowie Behandlungs- und Hilfsangebote aufklären. In diesem Jahr stehen vor allem Familien im Mittelpunkt der Aktionswoche, die vom Aktionsbündnis Seelische Gesundheit koordiniert wird.
Psychische Erkrankungen gehören zu den am weitesten verbreiteten Volkskrankheiten. Sie führen zu massivem Leid für die Betroffenen und ihre Angehörigen und gehen mit gravierenden Einschränkungen im sozialen und beruflichen Leben einher. Die Corona-Krise spielt hier eine herausgehobene Rolle, hat sie doch Familien besonders hart getroffen. Insbesondere Kinder und Jugendliche aus schwierigen sozialen Verhältnissen haben unter den Corona-Einschränkungen gelitten.
„Darüber, ob psychische Erkrankungen während der Pandemie zugenommen haben, sind noch keine verlässlichen Aussagen möglich, da bislang keine epidemiologischen Untersuchungen vorliegen. Die massive Veränderung alltäglicher Routinen durch die Quarantäne- und Isolationsbedingungen stellt jedoch einen Risikofaktor für das Entstehen psychischer Erkrankungen dar. Für Menschen mit einer bestehenden psychischen Erkrankung hat die Pandemie besondere Belastungen mit sich gebracht, die das Risiko einer Verschlechterung des Krankheitsverlaufs erhöht haben. Daher muss besonders vulnerablen Familien auf verschiedenen Ebenen geholfen werden. Wie die Hilfsangebote für Familien mit einem psychisch erkrankten Elternteil konkret verbessert werden können, daran arbeitet die DGPPN gemeinsam mit verschiedenen Fachverbänden und weiteren Experten. Das Ziel besteht darin, familienzentrierte Hilfen für Kinder psychisch- und suchtkranker Eltern zu realisieren und somit einen Perspektivwechsel von individuumszentrierten Rechtsansprüchen hin zu einer durchgehenden Familienorientierung der Hilfen auch im fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) durchzusetzen“, erläutert DGPPN-Präsident Prof. Dr. Thomas Pollmächer.
Bevor sich an der Rechtslage etwas ändert, gehören fachliche Aufklärung, Beratung und Vernetzung zu den wichtigsten Sofortmaßnahmen. Daher hat sich das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit, seit seiner Gründung 2006 in Trägerschaft der DGPPN, in diesem Jahr dieses Themas angenommen. Unter dem Motto „Gemeinsam über den Berg – Seelische Gesundheit in der Familie“ widmet sich die diesjährige Woche der Seelischen Gesundheit vom 08.–18. Oktober 2021 den psychischen Belastungen in der Krisenzeit und stellt regionale Hilfsangebote für Jung und Alt vor. Mit über 500 Veranstaltungen in ganz Deutschland sollen betroffene Familien motiviert werden, offen über ihre Sorgen zu reden und sich Hilfe und Unterstützung in der Nähe zu holen. Schirmherr der bundesweiten Aktionswoche ist Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.
„Die Woche der Seelischen Gesundheit leistet einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung und sorgt dafür, Vorurteile und Stigmatisierung abzubauen. Dies ist die Grundvoraussetzung dafür, dass Betroffene frühzeitig professionelle Hilfe in Anspruch nehmen und sich ihre Erkrankungen nicht chronifizieren. Gleichzeitig muss die Politik auch Versorgungsstrukturen schaffen, um dem wachsenden Hilfebedarf zu begegnen. Wir benötigen neue – gestufte, bedarfsgerechte, personenzentrierte und sektorenübergreifende – Versorgungsmodelle, die den besonderen Bedürfnissen der Betroffenen gerecht werden und so niedrigschwellig sind, dass sie bei den Betroffenen auch ankommen“, so Pollmächer.