In diesen Tagen suchen mehr Menschen als jemals zuvor Zuflucht und Sicherheit in Deutschland. Viele Flüchtlinge und Asylbewerber sind in ihrer psychischen Gesundheit schwer belastet und weisen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ein erhöhtes Risiko für Suizide und Suizidversuche auf. Anlässlich des Welttages für Suizidprävention fordern das Nationale Suizidpräventionsprogramm für Deutschland (NaSPro) und die DGPPN deshalb, die Betreuung der Betroffenen zu verbessern – insbesondere auch über akute Krankheits- und Krisensituationen hinaus.
Flüchtlinge und Asylbewerber gehören zu einer Bevölkerungsgruppe, die besonders suizidgefährdet ist. Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ist die Rate für Posttraumatische Belastungsstörungen um das Zehnfache erhöht, gleichzeitig treten oftmals weitere psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen auf. Diese schweren Erkrankungen können ohne ausreichende Behandlung mit einem erhöhten Suizidrisiko verbunden sein. Hinzu kommt, dass Flüchtlinge und Asylbewerber diversen gesundheitlichen, psychosozialen, soziokulturellen sowie ökonomischen Stressoren ausgesetzt sind, welche das Auftreten, den Verlauf, die Behandlung und die Prognose von psychischen Erkrankungen weiter beeinflussen. Zu den Risikofaktoren zählen u. a. psychische Vorerkrankungen, Suizidversuche in der Vergangenheit oder eine schlechte sozioökonomische Lebenssituation. Aufenthaltsrechtliche Zugangsbarrieren, Verständigungsschwierigkeiten und „kulturelle“ Missverständnisse können die soziale Unsicherheit insbesondere von Flüchtlingen und Asylbewerbern weiter verstärken und damit ihre Vulnerabilität und Morbidität zusätzlich erhöhen.
Aktuell stellt das Asylbewerberleistungsgesetz die medizinische Versorgung von Flüchtlingen und Asylbewerbern sicher. Abgedeckt sind insbesondere akute Krankheitssituationen wie Krisen, Suizidalität und Schmerzzustände. Eine Weiterbehandlung über die Krise hinaus gestaltet sich jedoch schwieriger, da Leistungen wie Psychotherapie genehmigungspflichtig sind.
NaSPro und DGPPN fordern deshalb, die Betreuung von Flüchtlingen und Asylbewerbern rasch zu verbessern. Deutschland muss für Flüchtlinge und Asylsuchende einen adäquaten Zugang zum Gesundheitssystem schaffen und den Zugang zu psychiatrisch-psychotherapeutischen Hilfsangeboten sicherstellen. Ein wichtiger Schritt stellt dabei die Etablierung von regionalen und lokalen Netzwerken dar, die alle an der Versorgung der Betroffenen beteiligten Gruppen einbinden: Notärzte, Akutkrankenhäuser, niedergelassene Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, ärztliche und psychologische Psychotherapeuten und Behörden (Sozialämter). Darüber hinaus ist der regelhafte Einsatz von Sprach- und Kulturmittlern sicherzustellen. Mit diesen Maßnahmen könnte eine zeitnähere und bessere Versorgung von Flüchtlingen und Asylbewerbern in Krisensituationen ermöglicht werden.