Kommission zur Aufarbeitung der Geschichte der DGPPN

Die Psychiatrie im Nationalsozialismus zählt zu den dunkelsten Kapiteln des Faches. Welche Rolle die psychiatrischen Fachgesellschaften im „Dritten Reich“ gespielt haben, ist kaum aufgearbeitet. Hier sieht sich die DGPPN in der gesellschaftlichen Verantwortung, das Handeln von Wissenschaftlern und Psychiatern während der Zeit des Nationalsozialismus sowie deren Auswirkungen auf die DGPPN so vollständig wie möglich und rückhaltlos zu erforschen.

Ein auf mehrere Jahre angelegter und mit 150.000 Euro projektierter Forschungsauftrag sollte aufklären. Zu untersuchen galt es den Zeitraum von 1933 bis 1945. Allerdings sollten auch relevante medizingeschichtliche Ereignisse und Denkströmungen sowie ideengeschichtliche Traditionslinien aus dem breiteren Kontext des 19. und 20. Jahrhunderts reflektiert werden. Die DGPPN hat eine internationale Kommission im Jahre 2009 beauftragt, den Forschungsauftrag auszuschreiben und den Prozess der wissenschaftlichen Aufarbeitung beratend zu begleiten. Die Ergebnisse wurden auf dem DGPPN Kongress 2015 der Öffentlichkeit vorgestellt.

Nun wurde ein neuer Forschungsauftrag seitens der DGPPN vergeben, um die personellen sowie institutionellen Kontinuitäten über die Zeit des Nationalsozialismus herauszuarbeiten. Der Forschungsauftrag soll den Zeitraum vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis zum Beginn der Reformbewegungen in West- und Ostdeutschland (Psychiatrie-Enquete bzw. Rodewischer Thesen) in den Mittelpunkt rücken und die Rolle der psychiatrischen Fachgesellschaften und gegebenenfalls von anderen Gruppierungen von Psychiatern untersuchen.

Erster Forschungsauftrag: die Zeit von 1933 bis 1945

Der Forschungsauftrag
Die Aufarbeitung der Geschichte der Vorläufergesellschaften zur Zeit des Nationalsozialismus. Das von der DGPPN initiierte und finanzierte Forschungsprojekt sollte klären, inwieweit die Vorläuferorganisationen der DGPPN und deren Repräsentanten an dem "Euthanasie"-Programm, an der Zwangssterilisierung psychisch Kranker, an der Vertreibung jüdischer und politisch missliebiger Psychiater und an anderen Verbrechen in der Zeit zwischen 1933 und 1945 beteiligt waren.

Projektbearbeiter

  • Prof. Hans-Walter Schmuhl (Bielefeld)
  • Prof. Rakefet Zalashik (Israel)

Kommission
Die „Kommission zur Aufarbeitung der Geschichte der DGPPN“ bestand aus vier renommierten Medizinhistorikern. Diese waren in ihren Handlungen frei und unabhängig, also gegenüber der DGPPN nicht weisungsgebunden.

  • Volker Roelcke (Vorsitz), Professor und Leiter des Instituts der Geschichte der Medizin an der Justus-Liebig-Universität Giessen
  • Carola Sachse, Professorin am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien
  • Heinz-Peter Schmiedebach, Professor und Direktor des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
  • Paul Weindling, Professor in the History of Medicine, School of Arts and Humanities, Oxford Brookes University
Der Abschlussbericht

Im Rahmen des DGPPN Kongresses 2015 legte Prof. Schmuhl seinen Abschlussbericht vor, der von der Kommission der Öffentlichkeit übergeben wurde.

Die DGPPN hat in dieser Veranstaltung alle Mitglieder der Kommission, sowie Herrn Prof. Schmuhl die Ehrenmitgliedschaft der DGPPN ausgesprochen.

Zweiter Forschungsauftrag: 1945 bis 1970

Der Forschungsauftrag
Nach dem erfolgreichen Abschluss des Forschungsprojekts zur „Geschichte des Deutschen Vereins für Psychiatrie bzw. der Gesellschaft Deutscher Neurologen und Psychiater in der Zeit des Nationalsozialismus" hat die DGPPN einen Forschungsauftrag zur Geschichte der Psychiatrie im Nachkriegsdeutschland ausgeschrieben. Das Thema soll gleichermaßen für Ost- wie für Westdeutschland bearbeitet werden. Dabei soll auf die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Entwicklung dezidiert eingegangen werden, ebenso auf Austauschprozesse zwischen den Besatzungszonen bzw. den beiden deutschen Staaten. Die Rolle der Fachgesellschaften in dieser Zeitperiode soll dabei ebenso herausgearbeitet werden. Der Forschungsauftrag soll den Zeitraum vom Ende des Zweiten Weltkrieges (1945) bis zum Beginn der Reformbewegungen in West- und Ostdeutschland (Psychiatrie-Enquete bzw. Rodewischer Thesen) in den Mittelpunkt rücken. Die Forschungsarbeiten haben 2016 begonnen.

Projektbearbeiter

  • Steffen Dörre (Berlin)
Mitglieder der Unabhängigen Historischen Kommission
  • Heiner Fangerau (Vorsitz), Köln
  • Florian Steger, Ulm
  • Ralph Jessen, Köln
  • Franz-Werner Kersting, Münster
  • Holger Steinberg, Leipzig
  • Maike Rotzoll, Heidelberg
Der Psychiatrische Beirat
  • Frank Schneider (Vorsitz), Aachen
  • Heinz Häfner, Mannheim
  • Hanfried Helmchen, Berlin
  • Hans Hippius, München
  • Joachim Klosterkötter, Köln
  • Andreas Maercker, Zürich
  • Henning Saß, Aachen
  • Heinrich Sauer, Jena

Der Beirat hat ausschließlich beratende Funktion und kein Stimmrecht.

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Ihre Ansprechpartnerin

Dr. phil. Julia Sander, M.Sc.
Wissenschaftlicher Dienst

DGPPN-Geschäftsstelle
Reinhardtstraße 29 I 10117 Berlin
T +49 30 2404 772-34
j.sander@dgppn.de

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