Gerade in Krisenzeiten muss die psychische Gesundheit der Bevölkerung politische Priorität haben. Psychische Erkrankungen verursachen erhebliches Leid und Einschränkungen. Sie wirken sich nicht nur auf die Betroffenen und ihr Umfeld aus, sondern schaden auch der Volkswirtschaft. Durch eine gut aufgestellte Versorgung kann und muss dem entgegengewirkt werden. Deshalb hat die DGPPN anlässlich der bevorstehenden Bundestagswahl Forderungen formuliert, die den Schutz der psychischen Gesundheit der Bevölkerung zum Ziel haben.
Prof. Dr. Andreas Meyer-Lindenberg
DGPPN-Präsident:
„Psychische Gesundheit muss geschützt und gestärkt werden – angesichts der aktuellen Krisen und steigenden Belastungen der Bevölkerung ist dieses Anliegen dringlicher denn je. Schon jetzt werden psychiatrische und psychotherapeutische Unterstützungsangebote stärker nachgefragt; ein weiterer Anstieg ist zu erwarten. Eine Förderung der Resilienz ist entscheidend, um mit Krisen umgehen zu können und psychische Erkrankungen zu vermeiden. Deshalb müssen Psychiatrie und Psychotherapie in Versorgung und Forschung dringend besser unterstützt werden. Die wichtigsten Punkte haben wir in unseren Forderungen zur Bundestagswahl zusammengestellt.
Oberstes Ziel muss es sein, vorbeugend zu wirken und Erkrankungen zu vermeiden. Präventive Angebote beispielsweise in Schulen oder am Arbeitsplatz können dabei helfen, psychische Gesundheit zu erhalten und zu stärken. Zudem ist es wichtig, früh zu erkennen, wenn Menschen Probleme entwickeln und ihnen die Möglichkeit zu verschaffen, zeitnah und niederschwellig Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Mit Früherkennungszentren, Mental-Health-First-Aid-Programmen, aber auch Gedächtnisambulanzen können wir für Angehörige unterschiedlicher Gruppen schnelle Unterstützung ermöglichen.
Sind Menschen doch erkrankt, müssen sie zeitnah, bedarfsgerecht, koordiniert und gestuft behandelt werden. Die dafür aus unserer Sicht nötigen Voraussetzungen haben wir in unseren Empfehlungen für eine bessere Versorgung durch das Krankenhaus spezifiziert: Besonders wichtig ist die Einführung einer regionalen Versorgungsverpflichtung, die Flexibilisierung von Behandlungsangeboten und die Einführung von Globalbudgets für Kliniken, um solch flexible Behandlungen zu ermöglichen.
Wenn wir zudem genauer wüssten, wem welche Behandlung wann am besten hilft, könnten wir den Betroffenen viel Leid und dem Gesundheitssystem viele Kosten sparen. Um das Ziel einer präzisen und personalisierten Diagnostik und Therapie zu erreichen, benötigen wir noch weitere Forschung und die dafür nötigen Finanzmittel und Infrastrukturen. Die Förderung für psychiatrische Forschung muss zudem langfristig, nachhaltig und koordiniert zur Verfügung stehen. Nur so können auch langfristige Projekte, wie beispielsweise eine aussagekräftige Längsschnittstudie zur Entwicklung psychischer Gesundheit über die Lebensspanne, durchgeführt werden. Die Einrichtung des Deutschen Zentrums für Psychische Gesundheit (DZPG) in diesem Jahr war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung; noch ist das DZPG aber nicht verstetigt. Das muss unbedingt passieren. Wir brauchen dringend eine Förderung der Erforschung psychischer Erkrankungen, die ihrer gesellschaftlichen Bedeutung gerecht wird.
Wichtig ist aus Sicht unserer Fachgesellschaft auch, dass Selbstbestimmung, Selbsthilfe und Trialog politisch gestärkt werden. Zudem müssen die Anstrengungen für eine bessere berufliche und soziale Teilhabe von psychisch erkrankten Menschen in ihrem Alltag durch die Politik intensiviert werden. Auch hierfür haben wir konkrete Forderungen formuliert, die wir der Politik zukommen lassen werden.
Eine zukunftssichere Versorgung erfordert von der Politik entschlossenes Handeln. Die psychische Gesundheit der Bevölkerung muss politische Priorität haben.“
DGPPN-Experte: Prof. Dr. Andreas Meyer-Lindenberg
Der Präsident der DGPPN leitet das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim und ist einer der beiden Gründungssprecher des Deutschen Zentrums für Psychische Gesundheit (DZPG).
Stand: November 2024
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