Die DGPPN begrüßt, dass psychische Gesundheit im Koalitionsvertrag der Bundesregierung eine wichtige Rolle spielt und ressortübergreifend betrachtet wird. Die Fachgesellschaft mahnt jedoch an, dass Versorgung umfassend gedacht werden muss.
Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde, die mehr als 12.000 Fachärztinnen und Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, Therapeutinnen, Therapeuten und Forschende vertritt, begrüßt, dass die Regierungskoalition dem Thema psychische Gesundheit im Koalitionsvertrag einen hohen Stellenwert beimisst. Die Präsidentin der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaft Prof. Dr. Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank lobt insbesondere, dass psychische Gesundheit von der Regierungskoalition generationenübergreifend betrachtet und in der Arbeit aller Ressorts berücksichtigt wird: „Psychische Gesundheit in allen Politikfeldern zu beachten und zu priorisieren, war und ist eine zentrale Forderung der DGPPN an die Politik. Wir freuen uns, dass dieses Verständnis von psychischer Gesundheit dem Koalitionsvertrag zugrunde liegt.“
Auch weitere Forderungen, die die DGPPN im Vorfeld der Bundestagswahlen formuliert hatte, finden sich im Vertrag wieder. „Wir begrüßen sehr, dass die Prävention psychischer Erkrankungen gestärkt werden soll und auch die Teilhabe und Rehabilitation psychisch kranker Menschen adressiert wird“, stellt Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank fest. Im Bereich der Behandlung psychisch kranker Menschen weist der Koalitionsvertrag allerdings Lücken auf. „Es ist gut und richtig, die ambulante psychotherapeutische Behandlung zu stärken. Allerdings reicht das für eine ganzheitliche Versorgung psychisch kranker Menschen nicht aus. Insbesondere schwer erkrankte Personen benötigen die fachärztliche psychiatrische Expertise sowie eine multiprofessionelle psychosoziale Versorgung – in der Facharztpraxis, der Ambulanz oder auch stationär im Krankenhaus. Wir bedauern, dass die Stärkung der Strukturen für die ambulante und stationäre psychiatrische und multiprofessionelle Behandlung nicht den gleichen Stellenwert im Koalitionsvertrag hat wie die ambulante Psychotherapie.“
Dass die Krankenhausreform fortgeführt werden soll, beurteilt die DGPPN positiv. „Wir hoffen, dass dabei die Vorhaben im Bereich der psychiatrischen und der kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung nicht aus dem Blick geraten. Wir sprechen uns hier für eine Umsetzung der meisten Empfehlungen der Krankenhauskommission aus“, sagt Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank. „Insbesondere eine Einführung von Globalbudgets, die ja bereits in Modellprojekten erprobt und positiv evaluiert wurde, würde es uns ermöglichen, Patientinnen und Patienten vermehrt individuell und flexibel, am tatsächlichen Bedarf orientiert, zu behandeln.“
Die wissenschaftlich-medizinische Fachgesellschaft äußert sich zudem erfreut, dass das Deutsche Zentrum für Psychische Gesundheit künftig verlässlich finanziert werden soll. Die DGPPN-Präsidentin erläutert: „Psychische Erkrankungen sind Volkskrankheiten. Ihre Erforschung muss deshalb langfristig und zuverlässig möglich sein, dafür setzt sich die DGPPN seit langem ein. Dass diese Bemühungen nun von Erfolg gekrönt sind, wird zu einer besseren Erforschung von psychischen Erkrankungen und damit ihrer verbesserten Prävention, Diagnostik und Behandlung beitragen.“
Die angekündigte ergebnisoffene Evaluation der Cannabis-Teillegalisierung begrüßt die DGPPN prinzipiell. Allerdings macht sie deutlich, dass die Auswirkungen der Änderungen nach zwei Jahren noch nicht vollständig sichtbar sein werden. Zudem erneuert sie die dringende Forderung, die ursprünglich angedachte zweite Säule der Legalisierung, bei der es um die Entwicklung kommerzieller Strukturen geht, nicht zu verfolgen.
Dass die Umsetzung des Suizidpräventionsgesetzes im Vertrag festgehalten wird, wird ebenfalls positiv beurteilt. Allerdings müssten die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Suizidprävention konkretisiert werden, damit das Gesetz auch tatsächlich dazu beträgt, Suizide zu verhindern.