29.07.2024 | Pressemitteilung

Alzheimer-Behandlung: Antikörper-Therapie darf Betroffenen nicht verwehrt werden

Das zuständige Gremium der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) hat empfohlen, einen Antrag auf die Behandlung der frühen Alzheimer-Krankheit mit dem Antikörper Lecanemab abzulehnen. Die DGPPN kritisiert diese Entscheidung und spricht sich klar für eine baldige Zulassung des Antikörpers aus.

„Durch diese Entscheidung wird in Europa Menschen mit Alzheimer eine wirksame Behandlung zunächst vorenthalten“, kritisiert Prof. Dr. Andreas Meyer-Lindenberg, der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) die negative Stellungnahme der EMA. „Das ist eine erhebliche Benachteiligung für Erkrankte in der EU im Vergleich zu anderen Regionen der Welt.“

„Der Antikörper Lecanemab verlangsamt hochsignifikant den kognitiven Abbau in Folge der Alzheimer-Demenz“, erläutert Prof. Dr. Frank Jessen, Mitglied im Vorstand der DGPPN und federführender Co-Autor der S3-Behandlungsleitlinie Demenzen. „Die Zahlen zeigen deutlich: Die Antikörper-Therapie verlangsamt die Erkrankung und wirkt sich positiv auf die Lebensqualität und die Belastung der Betroffenen und ihrer Angehörigen aus. Dass wir mit dem Antikörper kausal in den Krankheitsverlauf eingreifen können und sich zudem das allgemeine Befinden der Betroffenen verbessert, ist eine enorme Chance für die Patientinnen und Patienten und ihre Angehörigen. Diese steht jetzt auf dem Spiel.“

Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA begründet die negative Bewertung von Lecanemab mit einem ungünstigen Verhältnis von Nutzen und Risiken. Denn unter bestimmten Bedingungen führte die Behandlung mit dem Antikörper in Studien zu einem erhöhten Risiko für zerebrale Blutungen. Das CHMP betrachtet die Wirkung auf die klinischen Symptome als zu gering, um diese Risiken zu rechtfertigen. Das Gremium empfiehlt deshalb, den Zulassungsantrag generell abzulehnen.

Die DGPPN plädiert stattdessen dafür, dass Betroffene selbst abwägen sollen, ob Sie zugunsten einer Verlangsamung der Erkrankung, das Risiko von Nebenwirkungen in Kauf nehmen möchten. Der Alzheimer-Experte Frank Jessen schlägt vor: „In den USA gibt es Handlungsempfehlungen für Lecanemab, die präzise Ein- und Ausschlusskriterien, Therapiemonitoring und ein Nebenwirkungsmanagement beschreiben. Das hat zu einem sicheren Einsatz des Antikörpers in der Versorgung geführt. Es gibt keinen Grund, das in Europa nicht auch so zu handhaben. Wir hoffen sehr, dass sich das CHMP in der Zukunft für eine kausale Therapie der Alzheimer-Krankheit öffnet.“

Lecanemab ist die erste Therapie, die kausal gegen die Alzheimer-Krankheit wirkt. Der gegen Amyloid wirkende Antikörper hat in der Phase-3-Studie CLARITY-AD in einem Behandlungszeitraum von 18 Monaten im Vergleich zu einem Placebo zu einer hochsignifikanten Verlangsamung des Fortschreitens des kognitiven Abbaus und der Funktionseinschränkungen um 27 % geführt. Außerdem zeigte Lecanemab in der Studie im Vergleich zu einem Placebo signifikant positive Effekte auf die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten sowie auf die Lebensqualität und Belastung der pflegenden Angehörigen. Bei einem Teil der Behandelten traten in Abhängigkeit von der Ausprägung des Apolipoprotein-E-Gens (APOE) allerdings vorübergehende ödematöse Veränderungen oder Mikroblutungen auf, die mittels Magnetresonanztomographie (MRT) beobachtet werden müssen. Im Regelfall waren diese Veränderungen symptomlos oder nur leicht symptomatisch. Bei 0,5 % der mit Lecanemab behandelten Patientinnen und Patienten (8 von 1.612) kam es allerdings zu größeren intrazerebralen Blutungen, davon waren zwei tödlich. In der Placebo-Gruppe trat eine tödliche Blutung auf. 

Basierend auf diesen Daten wurde Lecanemab 2023 in den USA zugelassen und in die Versorgung eingeführt. Weitere Zulassungen erfolgten in Japan, China, Süd-Korea und Israel. In den USA wurde mit Donanemab inzwischen bereits ein zweiter Antikörper gegen Amyloid zugelassen.

Das CHMP der EMA hatte am 26. Juli eine negative Empfehlung zum Antrag der Firma Eisai GmbH auf eine Zulassung des Medikaments Leqembi veröffentlicht. Der Antragsteller kann jetzt innerhalb von zwei Wochen eine Neu-Beurteilung beantragen.

 

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