Rauchen und Alkohol, aber zunehmend auch Computer- und Glücksspiele beeinflussen die moderne Arbeitswelt. Belegt ist, dass nicht nur Substanzen, sondern auch Glücksspiele süchtig machen können. Die DGPPN fordert Politik und Arbeitgeber auf, Sucht am Arbeitsplatz stärker in den Fokus zu nehmen und umfassend für Aufklärung zu sorgen. Auch ein enttabuisierender und entstigmatisierender Umgang mit diesem Thema ist notwendig, um Betroffene frühzeitig an Hilfeangebote heranzuführen.
Arbeitsverdichtung und Leistungsdruck nehmen in der Arbeitswelt kontinuierlich zu. Soziale Medien und permanente Abrufbereitschaft bestimmen den Alltag vieler Erwerbstätiger. Trinken, Rauchen, Computer- und Glücksspiele können da ein Weg sein, mal kurz aus dem Hamsterrad auszusteigen. Was mit einem „kurz mal Abschalten“ beginnt, kann jedoch schnell zur Gewohnheit werden und sich zu einer manifesten Sucht ausbilden. „Uns liegen zahlreiche Belege vor, die für eine Verwandtschaft von Substanz- und Verhaltensabhängigkeiten sprechen“, verdeutlicht Prof. Andreas Heinz, Präsident der DGPPN, die Situation. „Die konditionierten Reize, die bei Alkohol, Zigaretten und Drogen im Gehirn wirken, sind vergleichbar mit denen, die bei Verhaltenssüchten wie dem sogenannten pathologischen Glücksspiel eine Rolle spielen. Es werden die gleichen zentralnervösen Belohnungszentren angesprochen. Deshalb sind Politik und Gesellschaft gefordert, in Zukunft nicht nur dem schädlichen Konsum psychotroper Substanzen wie Tabak, Alkohol und Drogen, sondern auch Spielsüchten verstärkt Beachtung zu schenken.“
In diesem Zusammenhang ist aus Sicht der DGPPN die Aufnahme der sog. Gaming Disorder in den ICD-11-Katalog durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu begrüßen. Damit wurde Spielsucht offiziell als Krankheit anerkannt und ein deutliches Signal entsendet. Die Entscheidung eröffnete den öffentlichen Diskurs zu diesem Thema. Über Verhaltenssüchte und ihre Folgen muss offen gesprochen werden. Nur so können Betroffene gezielt an medizinische und therapeutische Hilfeangebote herangeführt werden.
Die DGPPN und ihr zuständiges Fachreferat „Abhängigkeitserkrankungen“ setzt sich seit Jahren für eine Entstigmatisierung von Abhängigkeitskrankheiten in der Gesellschaft ein. Politik und Arbeitgeber sind gleichermaßen gefordert, zu einer Enttabuisierung des Themas Sucht beizutragen und ausreichend in betriebliches Gesundheitsmanagement sowie Präventionsmaßnahmen zu investieren. Suchterkrankungen müssen offen und angstfrei angesprochen und sanktionsfrei therapiert werden. Erst durch Aufklärung und Beratung ist Hilfe für suchtkranke Menschen möglich.