Menschen mit Diabetes mellitus haben ein deutlich erhöhtes Risiko, an einer Depression zu erkranken. Auch Angststörungen, Demenz und andere psychische Erkrankungen treten bei Diabetespatienten häufiger auf. Anlässlich des Weltgesundheitstages ruft DGPPN-Präsidentin Dr. Iris Hauth deshalb dazu auf, die Wechselwirkungen von Diabetes mellitus und psychischen Erkrankungen in der Versorgung stärker in den Fokus zu rücken.
„Diabetes mellitus zählt zu den größten Volkskrankheiten in Deutschland. Mehr als 4,5 Millionen Menschen sind betroffen. Dass zwischen der Stoffwechselerkrankung und der psychischen Gesundheit ein enger Zusammenhang besteht, ist vielen Patienten – und auch vielen Fachleuten in der Versorgung – jedoch noch nicht ausreichend bewusst. Besonders signifikant zeigt sich dies am Beispiel der Depression: Mehr als 12 Prozent der Patienten mit Diabetes mellitus leiden an einer Depression, bei rund 30 Prozent ist eine erhöhte Depressivität festzustellen. Gleichzeitig erhöhen Depressionen auch das Risiko für Diabetes – es besteht also ein wechselseitig erhöhtes Komorbiditätsrisiko.
Bei der Behandlung von Diabetes mellitus bleiben psychische Erkrankungen oftmals unerkannt. Weniger als ein Drittel aller Patienten mit komorbider Depression erhalten eine entsprechende Diagnose und Behandlung. Oftmals stehen auch heute noch die Blutzuckerwerte und rein körperliche Behandlungsziele im Vordergrund. Es entsteht ein Teufelskreis: Werden psychische Erkrankungen nicht leitliniengerecht behandelt, können sie auch eine effektive Behandlung der Diabetes mellitus verhindern und dadurch Komplikationen verursachen – was sich wiederum negativ auf den psychischen Gesundheitszustand der Betroffenen auswirkt. Depressionen gehen zudem mit Symptomen wie Antriebslosigkeit und Niedergeschlagenheit einher, was für die Patienten das anspruchsvolle Selbstmanagement der Diabetes mellitus zusätzlich erschwert. Gleichzeitig kann die Behandlung von Depressionen mit bestimmten Antidepressiva zu einer Gewichtszunahme führen, was sich ungünstig auf die Diabetessituation auswirken kann.
Anlässlich des Weltgesundheitstages in dieser Woche ruft die DGPPN dazu auf, in der Versorgung ein größeres Bewusstsein für diese komplexen Wechselwirkungen zu entwickeln. Bei der Behandlung von Diabetespatienten müssen Haus- und Fachärzte den körperlichen und psychosozialen Faktoren eine gleichermaßen wichtige Rolle beimessen. Gleichzeitig müssen Menschen mit Depressionen konsequent und regelmäßig auf Diabetes untersucht werden. Die Bedeutung psychischer Erkrankungen für den Krankheitsverlauf von Diabetes mellitus hat auch der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bei der Aktualisierung des Disease-Management-Programms (DMP) vor wenigen Wochen erkannt. Die psychosoziale Betreuung der Patienten hat darin mehr Gewicht erhalten. Dieser Schritt geht zwar in die richtige Richtung, doch eine qualitative Verbesserung der Versorgung lässt sich nur erzielen, wenn die medizinischen Behandlungsleitlinien zu Diabetes und psychischen Erkrankungen konsequent und flächendeckend umgesetzt werden.“