Suchtkranke haben in Deutschland nach wie vor mit großen Vorurteilen zu kämpfen. Viele Betroffene versuchen ihre Sucht zu verbergen und verzichten dadurch auf eine frühzeitige Hilfe. Neben dem gesellschaftlichen Stigma stoßen sie zusätzlich auf Barrieren im Gesundheitswesen. Bei der DGPPN beschäftigt sich deshalb ein spezifisches Referat mit aktuellen Fragen zur Erforschung, Prävention, Versorgung und Rehabilitation von Abhängigkeitserkrankungen.
Diese basieren auf einer Fehlsteuerung des Belohnungssystems im Gehirn. Bei ihrer Entstehung spielen biologische, genetische, psychische und soziale Faktoren eine wichtige Rolle. Suchtmittel aktivieren verschiedene Botenstoffe, die zum Beispiel Wohlbefinden oder Euphorie auslösen. Dadurch lernt das Gehirn relativ schnell, ein bestimmtes Suchtmittel als positiven Reiz wahrzunehmen. Fehlt dieser Reiz, empfindet es eine Art Belohnungsdefizit – mit der Folge, dass der unkontrollierte Wunsch nach dem Suchtmittel entsteht.
Obwohl sich die Ursachen und Mechanismen von Suchterkrankungen heute wissenschaftlich erklären lassen, sind suchtkranke Menschen gesellschaftlich immer noch stark stigmatisiert. Sie erleben immer wieder Diskriminierung – zum Beispiel bei der Suche nach Arbeit und Wohnung. Rund 36 Prozent der Bevölkerung halten Sucht für eine selbstverschuldete Krankheit. Die Folge: Suchterkrankungen werden von den Betroffenen und ihrem sozialen Umfeld totgeschwiegen. Therapeutische Interventionen erfolgen daher oft erst in einem sehr späten Stadium der Abhängigkeit.
Doch auch das Gesundheitswesen ist noch nicht ausreichend für Abhängigkeitserkrankungen sensibilisiert. Vor allem in der primärmedizinischen Versorgung ist der Grad an Awareness verbesserungsfähig, gleichzeitig ist auch zu wenig Zeit für Diagnostik und Behandlungsplanung vorgesehen.
Das Referat „Abhängigkeitserkrankungen“ der DGPPN verfolgt für die Fachgesellschaft die aktuellen Entwicklungen in der Forschung, Versorgung und Gesundheitspolitik. Es arbeitet z. B. federführend bei der Entwicklung evidenzbasierter Behandlungsleitlinien mit und steht als Ansprechpartner für Politik und die Öffentlichkeit zur Verfügung.
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