18.08.2017 | Pressemitteilung

Interdisziplinäre Task-Force der DGPPN legt Standards für den Maßregelvollzug vor

In einem dreijährigen intensiven Entwicklungsprozess hat eine interdisziplinär besetzte Task-Force der DGPPN bundesweit einheitliche Standards für den psychiatrischen Maßregevollzug entwickelt. Die Fachgesellschaft will damit die Qualität der Behandlung von psychisch kranken Straftätern in der Forschung und Praxis weiter vorantreiben und verbessern. Neben grundlegenden rechtlichen, ethischen und strukturellen Fragestellungen gehen die Experten in ihrem Grundsatzpapier insbesondere auf die Diagnostik, Behandlung und Risikobeurteilung ein.

Menschen, die aufgrund einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung oder einer Suchterkrankung straffällig geworden und in Folge der Erkrankung weiterhin für die Allgemeinheit gefährlich sind, werden zur Besserung und Sicherung im Maßregelvollzug untergebracht. Die rechtlichen Grundlagen dazu sind im Strafgesetzbuch geregelt, über die Unterbringung entscheiden die Gerichte. „Der Auftrag der Forensischen Psychiatrie liegt darin, den Patienten durch differenzierte Behandlungsangebote wieder zu einem straffreien eigenverantwortlichen Leben in Freiheit zu verhelfen. Aktuell werden in Deutschland rund 9000 Patienten in den Kliniken des Maßregevollzugs behandelt. Es handelt sich um Einrichtungen mit spezifischen Sicherheitsvorkehrungen und Therapieangeboten“, erklärt der forensische Psychiater Professor Jürgen L. Müller aus Göttingen, der die interdisziplinäre Task-Force der DGPPN geleitet hat. 

Das Fach Psychiatrie und Psychotherapie hat neben seinem Behandlungsauftrag für Menschen mit psychischen Erkrankungen in bestimmten Fällen auch eine ordnungspolitische Funktion. Die Behandlung in einer forensisch-psychiatrischen Klinik im Rahmen des Maßregelvollzugs ist mit Grundrechtseinschränkungen und mit Freiheitsentzug im Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit verbunden. Das Bundesverfassungsgericht räumt der Verhältnismäßigkeit des Freiheitsentzugs dabei höchste Priorität ein. „Dies bedeutet, dass die Behandlung nur mit so wenigen Freiheitsbeschränkungen wie irgend vertretbar verbunden sein darf und gleichzeitig die Sicherheit der Allgemeinheit gewährleisten muss. Wissenschaftlich belastbare und in der Praxis umgesetzte bundeseinheitliche Mindeststandards für die Unterbringung und die Behandlung sind deshalb unverzichtbar“, so Professor Jürgen L. Müller weiter. 

Die Behandlung der Patienten im Maßregelvollzug ist gegenwärtig länderrechtlich geregelt, sodass sich die Rahmenbedingungen der Behandlung in den einzelnen Bundesländern unterscheiden. Während für Gutachten zur Schuldfähigkeit und zur Legalprognose bereits Mindestanforderungen existieren, liegen für die Behandlung im psychiatrischen Maßregelvollzug bislang keine konsentierten Standards vor. 

Vor diesem Hintergrund beauftragte die DGPPN eine interdisziplinäre Task-Force damit, fachliche Standards für die Behandlung in der forensischen Psychiatrie nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft zu erarbeiten. Die Ergebnisse der Experten liegen nun vor und umfassen knapp 30 Seiten. Sie beschreiben darin rechtliche, ethische, strukturelle, therapeutische und prognostische Standards für die Praxis und Forschung und sollen die Qualitätsverbesserungsprozesse weiter vorantreiben. 

Die Standards sind als frei zugängliches Konsensuspapier in der Zeitschrift „Der Nervenarzt“ (Springer-Medizin Verlag) erschienen: 

„Der Nervenarzt“
Volume 88, Issue 1 Supplement, August 2017
Standards für die Behandlung im Maßregelvollzug nach §§ 63 und 64 StGB
ISSN: 0028-2804 (Print) 1433-0407 (Online)


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