13.12.2018 | Stellungnahme

PsychKG: Zur Novellierung des Brandenburgischen Psychisch-Kranken-Gesetzes

Im Zuge der Novellierung des Brandenburgischen Psychisch-Kranken-Gesetzes werden die Bestimmungen zu Sicherungsmaßnahmen an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juli 2018 weitestgehend angepasst. Dies wird begrüßt. Nachholbedarf besteht bei den Voraussetzungen zur Unterbringung und zur Zwangsbehandlung sowie der Meldung über Zwangs- und Sicherungsmaßnahmen an die Fachaufsicht. 
§ 8 Begriff und Voraussetzung der Unterbringung 

Ein Aspekt, der in der Novellierung des BBgPsychKG nicht Einzug gefunden hat, ist die Voraussetzung der momentanen Einwilligungsunfähigkeit für eine Unterbringung. Gegenwärtig werden als Voraussetzung eine Lebensgefahr oder ernsthafte Gefährdung der Gesundheit oder eine unmittelbare erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit genannt. Das bloße Vorliegen einer psychischen Erkrankung impliziert keine fehlende Selbstbestimmungsfähigkeit. Denn auch Menschen mit einer psychischen Erkrankung können krankheitsbedingt sich selbst oder andere im Zustand von Selbstbestimmungsfähigkeit gefährden. Daher sollte die Unfähigkeit, die aktuelle Gefahr zu erkennen oder nach dieser Einsicht zu handeln im Gesetzestext formuliert werden. 

Absatz 2 sollte also entsprechend lauten (Ergänzung in fett): 

Psychisch kranke und seelisch behinderte Menschen dürfen nur dann untergebracht werden, wenn und solange durch ihr krankheitsbedingtes Verhalten oder die Auswirkungen ihrer Krankheit
1. ihr Leben oder ihre Gesundheit ernsthaft gefährdet sind oder
2. eine unmittelbare erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht
und sie krankheitsbedingt nicht in der Lage sind, diese Gefahr einzusehen, bzw. nach dieser Einsicht zu handeln und diese Gefahren nach fachärztlichem Urteil nicht anders abgewendet werden können.

§ 18 Behandlung und Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge

Zwangsmaßnahmen sollten nur dann angewendet werden, wenn dadurch eine Lebensgefahr oder eine gegenwärtige schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit der untergebrachten Person abgewendet werden kann und diese krankheitsbedingt nicht fähig ist, die Notwendigkeit der Maßnahme einzusehen. Dies ist im aktuell gültigen Gesetzestext noch der Fall. In der novellierten Version fehlt der Anlass der Abwendung von Lebensgefahr oder drohender schwerer Gefahr für die Gesundheit der untergebrachten Person jedoch. 

Daher sollte Absatz 3, Satz 1 wie folgt gefasst werden: 

Liegt eine Lebensgefahr oder eine gegenwärtige schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit der untergebrachten Person vor und ist sie krankheitsbedingt nicht fähig, die Schwere ihrer Erkrankung und die Notwendigkeit von Behandlungsmaßnahmen einzusehen oder entsprechend einer solchen Einsicht zu handeln, darf ihre Anlasserkrankung ausnahmsweise gegen ihren natürlichen Willen und, soweit erforderlich, unter Anwendung von Zwang medikamentös behandelt werden (medikamentöse Zwangsbehandlung). 

Begrüßt wird ausdrücklich, dass in diesem Paragrafen die Aufklärung über Rechtsschutzmöglichkeiten, der Überzeugungsversuch mit dem erforderlichen Zeitaufwand, die Überwachung während der Maßnahme und die Nachbesprechung Einzug gefunden haben. 

§ 21 Besondere Sicherungsmaßnahmen

Begrüßt wird, dass in der neuen Fassung des Paragrafen besondere Sicherungsmaßnahmen eindeutig definiert werden und ihnen ein Richtervorbehalt vorangestellt wird. Es fehlt jedoch im 5. Absatz eine genaue Definition einer nur kurzfristig angeordneten besonderen Sicherungsmaßnahme. Gemäß dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juli 2018, wird eine kurzfristige Maßnahme mit einer Dauer von weniger als dreißig Minuten definiert. Dies sollte auch in der novellierten Fassung des BBgPsychKG übernommen werden. 

Absatz 5 sollte also entsprechend lauten: 

Eine nicht nur kurzfristig angeordnete besondere Sicherungsmaßnahme nach Absatz 2 Nummer 6 bis 8 bedarf einer vorherigen richterlichen Anordnung. Eine kurzfristige Maßnahme liegt dann vor, wenn sie absehbar die Dauer von dreißig Minuten nicht überschreitet; sie bedarf keiner vorherigen richterlichen Anordnung. Auf eine richterliche Entscheidung ist in diesen Fällen unverzüglich nachträglich hinzuwirken. Bei Gefahr in Verzug kann auch die ärztliche Leitung vorläufig anordnen; die Entscheidung des Gerichts ist unverzüglich einzuholen. Wird die vorläufige Anordnung der besonderen Sicherungsmaßnahme nach Absatz 2 Nummer 6 bis 8 vor Erlangung einer richterlichen Entscheidung aufgehoben, ist dies dem Gericht unverzüglich mitzuteilen.
 

Begrüßt wird ausdrücklich, dass in der novellierten Fassung vorgesehen ist, dass die betroffene Person nach Beendigung der Sicherungsmaßnahme auf ihr Recht, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung gerichtlich prüfen zu lassen, hinzuweisen ist und ihr eine Nachbesprechung angeboten werden soll. 

Was weiterhin im BBgPsychKG fehlt, ist eine Konkretisierung der Meldepflicht über Sicherungsmaßnahmen im Sinne § 21 sowie über Zwangsmaßnahmen im Sinne § 18 an die Fachaufsicht. Es wird angeregt, dass eine jährliche Meldung über Sicherungs- und Zwangsmaßnahmen in verschlüsselter und anonymisierter Form an die Fachaufsicht nach § 10, Absatz 4 zu erfolgen hat. 

 

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