05.10.2023 | Fotoausstellung in München

Die Wahrnehmung herausfordern: Psychische Erkrankungen im Blick

Amanda N. © DGPPN | Herlinde Koelbl

Wir nehmen die Welt über die Augen wahr, sie gelten als Fenster zur Seele. Was lesen wir im Blick eines Menschen? Für das Kunstprojekt der DGPPN „Psychische Erkrankungen im Blick“ haben sich die Fotografin Herlinde Koelbl und der Psychiater Leonhard Schilbach dieser Frage gewidmet. Sie haben Patientinnen und Patienten einer psychiatrischen Klinik mit unterschiedlichen Diagnosen in Bild und Text porträtiert, ebenso Mitarbeitende des dortigen Behandlungsteams. Doch: Wer ist wer? Das bleibt bewusst offen. Das Foto-Projekt will dafür sensibilisieren, dass psychische Erkrankungen auf den ersten Blick unsichtbar bleiben. Die Ausstellung gastiert ab heute für fünf Wochen in München.

Ein kurzer Augenblick, ein flüchtiger Blickwechsel – das Blickverhalten eines Menschen ist einzigartig und sehr persönlich. Körperhaltung und Gesichtsausdruck werden schnell erfasst und beeinflussen den Eindruck vom Gegenüber. Nicht nur aus alltagpsychologischer, sondern auch aus klinisch-psychiatrischer Sicht ist das Blickverhalten von Menschen interessant. Denn psychische Erkrankungen können in wesentlichen Aspekten als Störungen der sozialen Interaktion rekonstruiert werden und beeinflussen damit die Fähigkeit zur Wahrnehmung, Kontaktaufnahme und Beziehungsgestaltung. Die Bilder, die für „Psychische Erkrankungen im Blick“ entstanden sind, fordern den Betrachtenden heraus: Lässt sich die Wahrnehmung verändern und damit auch der Umgang mit Menschen, die psychisch erkrankt sind?

Durch die Linse ihrer Kamera gelingt es Herlinde Koelbl, zugleich Distanz und Nähe zu den fotografierten Personen zu schaffen. Der Blick in die Kamera lässt eine Annäherung entstehen, einen beginnenden Austausch. Es entstehen drei Ebenen der Wahrnehmung: die der porträtierten Person selbst, die der Fotografin und die der Betrachtenden. Es zeigt sich, wie wichtig es ist, die eigene Wahrnehmung zu hinterfragen, um – oft auch unbewusste – Vorurteile abzubauen. So leisten die Bilder einen wichtigen Beitrag zur Entstigmatisierung.

Die Ausstellung „Psychische Erkrankungen im Blick“ wurde ideell und finanziell von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) unterstützt und macht seit 2019 deutschlandweit in verschiedenen Städten im öffentlichen Raum Station. 

Vom 5. Oktober bis zum 12. November 2023 ist sie im Max-Planck-Institut für Psychiatrie, Kraepelinstraße 2-10 in 80804 München zu sehen. Der Eintritt ist kostenfrei.

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