Die aktuellen Gesundheitsreports der Krankenkassen zeigen: Psychische Erkrankungen zählen zu den größten Gesundheitsproblemen in Deutschland. Trotzdem ist das Versorgungs- und Rehabilitationssystem nicht so aufgestellt, wie es für die Betroffenen notwendig wäre. Die DGPPN sieht deshalb die Politik in der Pflicht, schnell und nachhaltig aktiv zu werden und beteiligt sich aktiv am Diskurs.
© Deutscher Bundestag/Alex Hartmann
Die von den Krankenkassen veröffentlichten Krankenstandsanalysen führen deutlich vor Augen, wie einschneidend sich psychische Erkrankungen auf das Leben der Betroffenen auswirken. Im vergangenen Jahr haben sie mehr Fehltage verursacht als jemals zuvor. Zwar bleiben insgesamt weniger Menschen aufgrund von Depressionen und anderen psychischen Leiden ihrer Arbeit fern – doch die einzelnen Krankheitsverläufe dauerten dafür länger. Diese stehen nicht nur bei den Fehltagen an vorderster Stelle, mittlerweile geht auch jede zweite vorzeitige Berentung auf eine psychische Diagnose zurück. Nur 10 % aller Menschen mit einer chronischen psychischen Erkrankung sind in den ersten Arbeitsmarkt integriert. Trotzdem ist das Versorgungs- und Rehabilitationssystem in Deutschland noch nicht so aufgestellt, wie es für die Betroffenen notwendig wäre. Die DGPPN hat eine Reihe von Problemfeldern identifiziert, in denen dringender Handlungsbedarf besteht. Das übergeordnete Ziel dabei ist klar: Den besonderen Bedürfnisse von Menschen mit psychischen Erkrankungen muss in allen Bereichen der Gesellschaft Rechnung getragen werden. Auf die einzelnen politischen Bereiche übertragen, ergeben sich daraus die folgenden Handlungsfelder.
Neue wissenschaftliche Erkenntnisse bieten die Möglichkeit, die Lebensqualität und Teilhabe der Betroffenen in allen Altersbereichen durch effektivere und individualisierte Therapien signifikant zu verbessern. Deshalb muss die Gesundheitsforschung über die Lebensspanne in Deutschland ausgebaut und strukturell gefördert werden. Die DGPPN fordert deshalb:
Angesichts des demografischen Wandels und der rapiden Veränderungen in der Arbeitswelt kommt dem Erhalt der psychischen Gesundheit eine zentrale Rolle zu. Die Wirksamkeit präventiver Interventionen bei psychischen Erkrankungen ist wissenschaftlich belegt – sie können etwa die Neuerkrankungsraten bei Depressionen um bis zu 50 % reduzieren. Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie sind auch die Experten für Prävention. Die DGPPN fordert deshalb:
In Deutschland nehmen immer mehr Menschen medizinische Leistungen aufgrund von psychischen Erkrankungen in Anspruch. Das Versorgungssystem muss darauf reagieren und dabei den besonderen Bedürfnissen dieser Patientengruppe Rechnung tragen. Mit der Novellierung des Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Kliniken steht die stationäre Versorgung vor einer Neuausrichtung, doch entscheidende Fragen der Umsetzung sind noch ungeklärt. Auch in der ambulanten Versorgung besteht großer Handlungsbedarf: Patienten leiden unter langen Wartezeiten auf einen passenden Behandlungsplatz, die pauschale Vergütung für die ambulant tätigen Psychiater erlaubt kaum Zeit für therapeutische Gespräche und die morbiditätsunabhängige Bedarfsplanung verschärft bestehende Versorgungsungerechtigkeiten. Die DGPPN fordert deshalb:
Die gegenwärtige Arbeits- und Erwerbssituation von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen ist kritisch. Jeder zweite Betroffene geht keiner Arbeit nach, weniger als 10 % sind in Voll- oder Teilzeitarbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt integriert. Ein substantieller Teil von Langzeitarbeitslosen ist psychisch krank. Die Integration in den ersten Arbeitsmarkt gelingt mit den gegenwärtigen Förderungsinstrumenten nicht ausreichend. Deutschland hat Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen und Behinderungen bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) bislang zu wenig berücksichtigt. Die DGPPN fordert deshalb:
Im Mittelpunkt des Interesses und Engagements der DGPPN steht die optimale Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen. Deshalb beteiligt sich die DGPPN mit aktuellen Stellungnahmen aktiv an gesellschaftspolitischen Debatten und nimmt kontinuierlich Einfluss auf Gesetzgebungsverfahren sowie den politischen Diskurs.